Berlin - Eine positive Einschätzung zu den Kon_junk_tur_aussichten vertrat der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, im Gespräch mit Auslandskorrespondenten in Berlin. "Wir haben die Gewissheit, der Aufschwung ist jetzt da. Der Tiefpunkt lag im letzten Quartal des abgelaufenen Jahres." Das Wachstum im ersten Quartal heuer liege laut Prognose bei 0,6 Prozent. Für das laufende Jahr rechnet Issing mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im Euro-Raum von 2,5 Prozent.

Zum Ölpreisanstieg sagte der EZB-Chefökonom: "Wenn der Anstieg vorübergehend bleibt, wird es einen vorübergehenden Anstieg der Verbraucherpreise geben. Aber einen dauerhaften Dämpfer für das Wachstum wird es nicht geben." Auf das Abwarten der Verbraucher nach der Euro-Einführung gefragt, meinte das EZB-Direktoriumsmitglied: "Dass die Käufe von langlebigen Gütern eingebrochen sind, das hat mich in dieser Form überrascht."

Issing mahnte zu einer Fortsetzung des Kurses der Budgetkonsolidierung in den Ländern der Eurozone, wollte aber keine einzelnen Staaten nennen. Im Kreis der Auslandskorrespondenten ließ der 66-jährige Deutsche mit Kritik an der Bundesrepublik aufhorchen: "Die Zeiten, in denen Vertreter aus Deutschland den anderen erzählen, wie man eine gute Wirtschaftspolitik macht, sind vorbei." ( Alexandra Föderl-Schmid, Der Standard, Printausgabe, 18.04.2002)