Wien - Wer's bisher nicht wusste, dem sei es gesagt: Auch der Himmel kann zur Hölle werden. Denn der Weg dorthin ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert. Und an denen hat es am Montag im Goldenen Saal des Musikvereins fürwahr nicht gefehlt. Da hat sich Sarkis Gazaryan (46), aus Armenien stammender Werbe- und Dokumentarfilmer, nicht nur an sein Klavierstudium bei Friedrich Gulda erinnert, sondern leider auch an die liturgische Musik seiner Heimat. Deren "Herzstücke" wollte er laut Programmheft zum "Ausgangspunkt" seiner "neuen kompositorischen Schöpfungen machen". Sie heißen Avedis, eine "frohe Botschaft". Kühn bezeichnet sie ihr Schöpfer als "expressiv, explosiv" und meint, diese seien ein "süßer musikalischer Schmerz". Womit er übrigens auf bizarre Weise Recht hat: Die zwölf trotz zweier Arrangeure grobschlächtigen und satztechnisch hilflosen Streicherpiecen klingen ungefähr so, als wäre Franz Lehár in seinen letzten Lebensjahren wahnsinnig geworden und hätte in diesem Zustand komponiert. Hauptsache, alle übrigen hatten alle ihre Tassen im Schrank. Die in der fußfreien Reihe aufgefädelte Prominenz samt Komponisten. Auch der Kunststaatssekretär, der diese höllisch-himmlische Instrumental-Operette - klar doch - in seinen "Kunst-gegen-Gewalt"-Beutel sackte. Und da es sich um ein so frommes Unternehmen handelt, mag für die Wiener Philharmoniker und Pultstar Valery Gergiev das abgewandelte Bibelwort gelten: Herr, verzeih' ihnen, sie wissen nicht, was sie spielen. Hoffentlich wussten sie wenigstens, was sie dafür bekommen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24. 4. 2002)