Wirtschaftspolitik
Neue Gewerbeordnung abgesegnet
Handel wird freies Gewerbe - Bartenstein "maßvolle, aber doch Liberalisierung" - Schüssel hofft auf 30.000 Neugründungen
Wien - Der Ministerrat hat am Dienstag die Reform der
Gewerbeordnung beschlossen. Zentrale Punkte darin sind die Umwandlung
des Handels zu einem freien Gewerbe, eine Erleichterung des Zugangs
zur Meisterprüfung sowie eine Lockerung bei den so genannten
Nebenrechten. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) meinte nach
dem Ministerrat gegenüber Journalisten, es handle sich bei Reform um
eine "maßvolle aber doch Liberalisierung". Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel (V) erhofft sich, dass durch die neue Gewerbeordnung in
diesem Jahr die Schallmauer von 30.000 Neugründungen von Unternehmen
übersprungen wird. Bartenstein hob im Besonderen hervor, dass durch die Reform der
Handel zu einem freien Gewerbe werde. Immerhin sei dadurch jedes
zweite Unternehmen betroffen. Lediglich der Handel mit
Medizinprodukten und die bisher bewilligungspflichtigen
Handelstätigkeiten, wie etwa der Waffenhandel, bleiben an einen
Befähigungsnachweis gebunden.
Vereinfachung bei Nebenrechten
Eine Vereinfachung vorgesehen ist bei den Nebenrechten für
Gewerbetreibende: "Manche Kleinlichkeit gehört der Vergangenheit an",
meinte Bartenstein. So ist es künftig Fleischhauern etwa erlaubt,
auch Gemüselaibchen zu verkaufen, was bis dato verboten war. Ein
anderes Beispiel: Will eine Boutiquenbesitzerin künftig ein Kleid
umändern lassen, muss sie dafür nicht mehr eine Meisterin
beschäftigen, sondern lediglich eine Person mit Lehrabschluss.
Konkurs-Neuerungen
Bei der Meisterprüfung ist es durch die Reform nicht mehr
notwendig, eine Lehrabschlussprüfung für das Antreten vorzuweisen.
Einzig wesentlicher Faktor ist das Erreichen der Volljährigkeit. Eine
Neuerung gibt es weiters für Unternehmer, die scheitern. Der Konkurs
bildet keinen generellen Gewerbeausschluss- bzw. Entziehungsgrund
mehr. Lediglich strafrechtliche Tatbestände oder die Abweisung eines
Konkurses mangels Masse bleiben ein Hinderungsgrund für die
Selbstständigenkarriere.
Dass die Zahl der Paragraphen im Gewerberecht deutlich reduziert
wurde und nunmehr mittels Verordnung geregelt wird, sieht Bartenstein
als Vorteil. Bedenken der Arbeitnehmervertreter, wonach dem
Wirtschaftsminister damit zu viel Macht überlassen werde, teilt er
nicht. Immerhin habe man sich gegenüber dem Begutachtungsentwurf
wegen der aufgetauchten Verfassungsbedenken dafür entschieden, die
Berufsrechte weiter im Gesetz zu regeln.
One-Stop-Shop
Einen weiteren Reformpunkt hob insbesondere Vizekanzlerin Susanne
Riess-Passer (F) hervor. Sie sieht als zentralen Punkt der
Gesetzesänderung die Gesetzeswerdung des One-Stop-Shop-Prinzips. Das
heißt, die Begründung einer Gewerbeberechtigung soll künftig
einheitlich durch Anmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde
erfolgen.
Mit der Gewerbeordnungsreform, die am 28. Mai im
Wirtschaftsausschuss des Parlaments behandelt werden soll, wird auch
die bisherige Beschränkung für die Gastgärten aufgehoben. Damit
dürfen Schanigärten das ganze Jahr über bis maximal 23 Uhr betrieben
werden. (APA)