"Wenn billiges Blutplasma importiert oder zu wenig kontrolliert wird, um Gewinn zu maximieren, und jemand etwa mit HIV oder Hepatitis infiziert wird, soll dieses Unternehmen auf Schmerzensgeld geklagt werden können." Auch für lebensverkürzende Erkrankungen etwa durch den Umgang mit Asbest soll nach diesem Muster Schmerzensgeld gezahlt werden. Klagbar wären auch HIV-Infizierte, die jemand anderen fahrlässig anstecken, erklärt Greiter.
Für derartigen Klagen auf Schmerzensgeld bedürfe es gar keiner Gesetzesänderung, sagt Greiter, der auf ein OGH-Urteil aus 1999 verweist, bei dem den Angehörigen eines Mannes, der nach einem Unfall 40 Tage im Koma lag, dabei keine Schmerzen empfand und schließlich gestorben sei, Schmerzensgeld "für die entgangene Erlebnisfähigkeit" zugesprochen wurde. Damit sei Schmerzensgeld ein Ersatz für die "Beraubung elementarster menschlicher Empfindungen", interpretiert Greiter, der auch Vorstandsmitglied der Europäischen Schadenersatzjuristen ist. Dieser Gesetzesauslegung zufolge stehe jemandem, der überlebt - aber an möglicher Lebenszeit verloren hat - erst recht Schmerzensgeld zu, meint Greiter.
Der Jurist will durch eine neue Schmerzensgeldregelung auch "amerikanische Zustände" mit "übersteigerten" Schmerzensgeldzahlungen verhindern. Diese führten zu einer "Entsolidarisierung der Gesellschaft", warnt Greiter. Viele US-Ärzte könnten sich die exorbitant hohen Haftpflichtversicherungen nicht mehr leisten und würden bei einem Unfall "sicherheitshalber" nicht helfen, weil sie Klagen fürchten. (nim, Der STANDARD, Print-Ausgabe 3.5.2002)