Wien - Sie ist unter Österreichs Sommer-Sportlerinnen mit fünf Olympia-Teilnahmen nach wie vor unerreicht und ging 1949 als erste "Sportlerin des Jahres" in die Geschichte ein. Ellen Müller-Preis, dreifache Olympia-Medaillengewinnerin im Fechten, feiert am Montag ihren 90. Geburtstag. Die gebürtige Berlinerin, Tochter eines Steirers und einer Rheinländerin, lebt heute zurückgezogen in Wien. Sie erfreut sich bester Gesundheit und unternimmt nach wie vor Reisen in die ganze Welt. 1930 übersiedelte Ellen als 18-jähriges Mädchen zu ihrer Tante Mina Werdnik, der Leiterin des Wiener Fechtsaals, und nahm bei ihr Unterricht. Dank ihres großen Talents wurde Ellen nur ein halbes Jahr später österreichische Staatsmeisterin und im Jahr darauf Dritte der EM in Wien. Eifrig bereitete sie sich auf die Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles vor. Für die in ihrer Jugend begeisterte Leichtathletin sollte es der Höhepunkt ihrer Sportkarriere werden. Erstes und einziges Gold für Österreich im Fechten Als Doppelstaatsbürgerin fragte sie zuerst beim deutschen Verband um die Entsendung an, wurde aber abgelehnt. In Wien fand sie hingegen Gehör. Also reiste Ellen Müller-Preis für Österreich per Ozeandampfer zu den Sommerspielen in die USA. Die 20-Jährige holte Gold, es sollte das einzige in der Geschichte des heimischen Fechtverbandes bleiben. Mehrere Weltmeistertitel In ihrer unglaublichen Laufbahn gewann Ellen Müller-Preis 1936 in Berlin und 1948 in London auch noch zwei olympische Bronzemedaillen. Dazu kamen drei Weltmeister-Titel (1947, 1949, 1950) sowie zwischen 1931 und 1957 acht weitere WM-Medaillen und 21 nationale Meistertitel. Die Bronzene 1948 war auch das letzte Olympia-Edelmetall für Österreichs Fechtsport. Lehrerin für historisches Fechten Als 44-Jährige erreichte sie 1956 bei Olympia in Melbourne noch einmal das Finale. Nach Beendigung ihrer aktiven Sportkarriere war die Professorin für Deutsch und Turnen nicht nur bis Anfang der 80er Jahre Trainerin bei den Klubs in Mödling und Wiener Neudorf, sondern lange darüber hinaus auch Meisterin für historisches Fechten am Reinhardt-Seminar in Wien, am Burgtheater und an der Staatsoper. Durch ihre Schule gingen viele Schauspiel-Stars. Lutz Maurer: Sie schaut aus wie 75 Der ORF-Sportjournalist Lutz Maurer unterhält seit vielen Jahren eine enge Freundschaft mit der Grande Dame des Fechtsports. "Sie war schon über 65 und man hatte gegen ihre Handtechnik noch keine Chance. Wenn man sie anschaut und mit ihr spricht, möchte man meinen, sie ist 75." Da sie lange am Theater gearbeitet hat, hält sie es auch wie die Künstler: "Sie will ihren Geburtstag erst im Nachhinein feiern und meidet den zu erwartenden Rummel im Vorfeld." Ein großes Fest soll es in der kommenden Woche aber geben. Ellen Müller-Preis, Mutter von zwei Söhnen, lebt heute zurückgezogen in Wien. Nach wie vor zieht es sie aber in die Ferne. Erst Anfang des Jahres war sie für längere Zeit in Australien, sie pflegt Freundschaften auf der ganzen Welt. Und die Besuche bei den Olympischen Sommerspielen lässt sich die Goldmedaillengewinnerin von 1932 auch im hohen Alter nicht nehmen. (APA)