Geschlechterpolitik
"Raub der Bücher" in der NS-Zeit
Das Dr. Karl-Renner-Institut laedt ein zur BuchpräsentationDER RAUB DER BÜCHER
von Mag.Dr.phil. Evelyn Adunka, Historikerin, Publizistin und Redaktionsmitglied von
"Zwischenwelt. Zeitschrift für Kultur des Exils und des Widerstands" der
Theodor Kramer-Gesellschaft.
Zum Thema des Buches diskutieren:
Evelyn Adunka (Autorin)
Maria Kühn-Ludewig (Bibliothekshistorikerin, Paris / Dortmund)
Peter Malina (Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien)
Moderation: Heimo Gruber
Im Mai 1945 entdeckten Offiziere der britischen Besatzung im konfiszierten
Olivetanerkloster Tanzenberg in Kärnten eine Bibliothek mit 500.000 bis
700.000 Bänden, zum grössten Teil von den Nazis geraubte Bücher. Die in
der NS-Zeit voll funktionierende, wenn auch der Öffentlichkeit nicht
zugängliche Studienbibliothek Tanzenberg bestand zum einen aus der
ausgelagerten Zentralbibliothek der Hohen Schule der NSDAP, zum anderen aus
Bibliotheken, die von Einsatzstab-Reichsleiter Rosenberg (ERR) vor allem in
Frankreich und in der Sowjetunion gestohlen worden waren.
In der umfangreichen Literatur über den Kunst- und Kulturgutraub der
Nationalsozialisten hat bisher eines gefehlt: die systematische Untersuchung
des Raubs von Büchern. Noch 1995 meinte der israelische
Bibliothekswissenschaftler Dov Schidorsky ueber den Verlust jüdischer
Bibliotheken in der Shoah: "Die genaue Anzahl der konfiszierten Bücher ist
unbekannt. Es wird geschätzt, dass es ca. vier Millionen Bände gewesen
sind. Etwa die Hälfte davon ist verschwunden. Der grösste Teil wurde
wahrscheinlich vernichtet. Man vermutet aber noch immer einen bestimmten
Anteil in unentdeckt gebliebenen Verstecken."
Der Raub der Bücher arbeitet nun erstmals diesen Aspekt des NS-Kunstraubes
auf. Die Historikerin Evelyn Adunka folgt den Wegen geraubter jüdischer
Bücher in Österreich während der NS-Zeit und nach 1945 nach.
Sie dokumentiert Entstehungsgeschichte wie auch Auflösung des Kärntner
Depots Tanzenberg, das bis 1948 zu einem grossen Teil - übrigens unter
anderem mithilfe der ehemaligen NS-Bibliothekare - restituiert wurde. Der
Umgang mit geraubten Büchern und Bibliotheken im nationalsozialistischen
Wien wird ebenso aufgezeigt wie die Funktion der so genannten
Bücherverwertungsstelle und die Rolle der Österreichischen
Nationalbibliothek.
Komplex und noch immer nicht abgeschlossen ist die Restitution enteigneter
Bibliotheken. Ihre Geschichte prägen die schwierigen Recherchen der
Israelitischen Kultusgemeinde, die Aufteilung der Bücher zwischen
österreichischen Bibliotheken und der Hebräischen Nationalbibliothek in
Jerusalem, aber auch die Bemühungen amerikanischer, israelischer und
dänischer Institutionen und Personen um die Bücher und die meist
vergeblichen, teils gerichtlichen Versuche um Restitution und Entschädigung
privater Wiener Bibliotheken.
(red)