Wien - Aufgabe der Politik ist es, - auch - an das Gute im Menschen zu glauben. Darum verstehen Politiker unter dem Satz "Das bedeutet Vorrang für alle WienerInnen"etwas anderes, als jenes Wiener Straßenbild, das übelmeinendes Volk da vielleicht zeichnen würde. "Vorrang für alle WienerInnen" ist Stück eines Programmes. Der Satz steht auf kleinen Kärtchen, die gemeinsam mit dem Folder "Mobil in Wien - Masterplan Verkehr 2003" Montagvormittag in der ehemaligen Remise in der Engerthstraße präsentiert wurde. Evaluierte Erweiterung Ebendieser Masterplan, erläuterte Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (SP), stehe nicht dafür, den Verkehr durch das Kommando "Alles Vollgas" gänzlich zum Erliegen zu bringen. Vielmehr, so Schicker, strebe man nach einer lebenswerten, dynamischen und mobilen Stadt - die nicht im Verkehr erstickt. Die Grundzüge dieses Konzeptes datieren bereits aus dem Jahr 1994: U-Bahnausbau, Parkraumbewirtschaftung, die Verbreiterung der Praterbrücke oder etwa die Verlängerung des Radwegenetzes auf über 800 Kilometer sind nur einige Punkte aus dem damaligen Konzept. Dieses, so Schicker, stamme aber aus "einer Zeit, in der die EU-Osterweiterung noch nicht mitbedacht wurde." Grund genug, "aus heutiger Sicht zu evaluieren". Ebendies soll auf Stadt- und Bezirksebene bis Herbst getan werden. Dass dabei - nicht zuletzt - die miserablen Verbindungen zwischen ehemaligem Ostblock und der Region Wien aufgezeigt werden werden, dürfte nicht überraschen: Sowohl Schiene als auch Festland- und Wasserstraße werden nach der Erweiterung weit stärker genutzt werden, als das bisher der Fall ist. "Dass bei der Errichtung der Schieneninfrastruktur die finanzielle Lage unklar ist, können wir uns als Region nicht gefallen lassen", präsentierte Schicker durchaus bekannte Kritik am Bund: Zentralbahnhof und Güterterminal der Bahn "auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben" sei unverantwortlich. Spuren und Schienen Freilich: Dass es - da die bahn-Güterumfahrung St. Pölten nicht sicher ist - eventuell Möglichkeiten zur Umschichtung dieser Gelder für Wiener Schienenprojekte geben könnte, ließ Schicker unerwähnt. Offiziell, weil er am 15. Mai über ebendieses Thema mit Infrastrukturminister Mathias Reichhold (FP) zusammentreffen wird. Neben den überregionalen Problemen soll aber auch das Alltagswissen der Bevölkerung zur Lösung regionaler Mobilitäts- und Verkehrsfragen herangezogen werden. nicht zuletzt, erklärte Schicker, werde man Ideen wälzen, neben den bereits bewährten Busspuren auch andere Formen der "Bewirtschaftung des Fließverkehres" einzuführen. Konkret schweben Schicker hier - zeitlich begrenzte - "Fahrgemeinschaftsspuren" sowie "Lieferverkehrspuren" vor. Keine Citymaut Eines, betonte Schicker, könne er aber "für die nächsten Jahre" ausschließen: innerstädtische Mautsysteme, wie sie etwa in Mailand derzeit praktiziert werden. (rott/DER STANDARD, Print, 14.5.2002)