Geschlechterpolitik
"Eltern brauchen mehr als Geldgeschenke"
Kuntzl: Geburtenrückgang trotz Kindergeld - Systemversagen wird sichtbar
Wien - "Das System, Eltern mit einem bloßen finanziellen Anreiz
allein zu lassen, hat eindeutig versagt", zeigte sich
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl am Dienstag überzeugt. Bestätigung findet sie in den neuen Zahlen der Statistik Austria, die einen Negativrekord bei den
Geburten belegen. "Interessant: Trotz Kindergeld nimmt die Zahl der
Geburten auch in Kärnten ab." Wiedereinführung der Kindergartenmilliarde
Kuntzl forderte die Wiedereinführung
der Kindergartenmilliarde, eine Verbesserung der Maßnahmen zum
beruflichen Wiedereinstieg und ein Recht auf Teilzeitarbeit mit einem
garantierten Rückkehrrecht auf Vollzeiterwerbstätigkeit.
Einhellig würden ExpertInnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie
durch den Ausbau von Sachleistungen im Gegensatz zu finanziellen
Transferleistungen präferieren, da die Beispiele aus Frankreich und
den skandinavischen Ländern zeigen würden, dass eine höhere
Frauenerwerbstätigkeit auch eine Anhebung der Geburtenzahl mit sich
bringe.
Falscher Weg
"Die Regierung geht hier konsequent den falschen Weg und darf sich
daher kaum über den Geburtenrückgang wundern", betonte Kuntzl und
fährt in Richtung Sozialminister Herbert Haupt fort: "Da nützt es
auch nichts, dass der zuständige Minister sich in Anbetracht der
nackten Zahlen mit Blindheit geschlagen gibt. Das Kindergeld allein
stoppt den Geburtenrückgang nicht!"
"Eltern brauchen mehr als Geldgeschenke. Sie brauchen
Rahmenbedingungen, die Kind und Beruf vereinbaren lassen - eine
Voraussetzung für eine kinder- und familienfreundliche Gesellschaft",
betonte Kuntzl. Denn schließlich, so Kuntzl, würden Sachleistungen,
die gut für die Frauen sind, auch gut für die Kinder sein.
Hohle Worte - keine Taten
Wesentlich sei hier der Ausbau der Betreuungsplätze für die
Unter-Dreijährigen. "Außer hohlen Worten ist dazu aber nichts
geschehen. Die Last der Kinderbetreuung ist völlig auf die Eltern
abgewälzt worden. Es fehlen 100.000 Kinderbetreuungsplätze in
Österreich", betonte Kuntzl.
Chancenungleichheit
Gerade das sei aber ein entscheidendes Grundproblem der
Chancenungleichheit zwischen Männern und Frauen: Die österreichischen
Frauen haben im europäischen Vergleich eine sehr lange Babypause. "Je
länger die Berufsunterbrechung ist, desto schwieriger ist der
berufliche Wiedereinstieg", erklärte Kuntzl.
Aber auch hier lasse die Regierung die Frauen mit ihren Problemen
allein. "Statt eines Rechts auf Teilzeitarbeit mit einem
Rückkehrrecht zur Vollzeiterwerbstätigkeit sowie einem massiven
Ausbau der Wiedereinstiegsmaßnahmen, fließen AMS-Gelder, die für
Schulungsmaßnahmen zweckgewidmet sind, in Grassers zweifelhaftes
Nulldefizit", sagte Kuntzl abschließend. (red)