Wien - Die Mitteilung des Bundesasylsenates an den Iraker, der um Asyl angesucht hatte, war kurz und bündig: "In Ihrer Asylsache ist aufgrund der notorischen Arbeitsüberlastung des Unabhängigen Bundesasylsenates eine fristgerechte Entscheidung nicht möglich. Auch in näherer Zukunft kann nicht mit einer Entscheidung gerechnet werden."

An sich muss der Asylsenat, die Berufungsinstanz nach den Asylämtern, binnen sechs Monaten entscheiden. Bisher hat der Asylsenat etwa einem Viertel der Berufungen stattgegeben. Bei rund 6000 Asylfällen im Jahr, bei reduziertem Personal und bei der hohen Anzahl von "Altlasten", Tausenden Fällen, die der Bundesasylsenat bei seiner Gründung 1997 vom Verwaltungsgerichtshof übernommen hat, kann diese Frist schwer eingehalten werden - oder gar nicht, wie im Fall des Irakers.

Harald Perl, der Vorsitzende des Bundesasylsenats, will dazu im STANDARD-Gespräch nicht viel sagen. Der Grund: "Die hohe Zahl an Fällen, die wir zu bewältigen haben, ist Thema des neuen Tätigkeitsberichts. Der Bericht ist auf dem Weg zum Bundeskanzler, ich will vorher nicht über Inhalte sprechen."

Für Anwalt Herbert Pochieser, der den Iraker vertritt, ist die schriftliche Mitteilung Aussage genug - und ein "Alarmzeichen", wie er dem STANDARD sagt. Aus Gesprächen wisse er, dass der Senat nicht "die personelle Ausstattung hat, die er braucht". Dazu komme ein anderes Problem: Die erste Instanz Asylamt führe teils mangelhafte Verfahren durch, ohne mündliche Befragungen. Daher müsse die Berufungsinstanz das Verfahren teils völlig neu machen. Pochiesers Vorschlag zur Entlastung des Asylsenats: Dieser solle, wenn die erste Instanz zu wenige Fakten berücksichtige, zurückverweisen können. Passiere das nicht, werde das Problem nur verlagert: Statt dem überlasteten Asylsenat werde der überlastete Verwaltungsgerichtshof befasst. Dorthin überlegt er, mit dem Iraker zu ziehen.

Abgesehen vom Einzelfall sei ein anderer Weg denkbar, sagt Pochieser: "Theoretisch ist eine Amtshaftungsklage gegen die Republik möglich, weil sie den Senat nicht ordnungsgemäß ausstattet." (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 15.5.2002)