Wien - "Bei uns ist, gelinde gesagt, die Hölle los." Nach der Ankündigung von Innenminister Ernst Strasser (VP), sein Ressort erneut radikal umzubauen, fliegen in der Wiener Herrengasse die Fetzen. Vor allem im Rest des sozialdemokratischen Lagers wird die geplante zehnprozentige Einsparung im Personalbereich als existenzbedrohend bezeichnet. Oder, wie es Rudolf Parnigoni, Sicherheitssprecher der SPÖ, ausdrückt: "Politisch unbequeme Mitarbeiter werden liquidiert."Die sozialdemokratischen Personalvertreter fordern Strasser zum Rücktritt auf. Sollte das für 23. Mai angesetzte Gespräch mit dem Innenminister erfolglos verlaufen, werde die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) einen Beschluss auf Kampfmaßnahmen einbringen, kündigt ihr Sprecher Hermann Greylinger an. Zwar gebe es noch keine Hinweise, dass die christlichen Gewerkschafter mitziehen: "Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die FCG dagegen ist. Schließlich war sie stets gegen die Reform." Sektion auflösen Wie berichtet, will Strasser eine von fünf Sektionen, nämlich jene für das Fremdenwesen, auflösen und auf andere Bereiche aufteilen. Erst vor eineinhalb Jahren hatte der Innenminister von vier auf fünf Sektionen aufgestockt. Die damals neu hinzugekommene - für Recht, Kontrolle und Verwaltungsinnovation - war von Anfang an umstritten. Vor allem die Chefbesetzung mit dem früheren VP-Gewerkschafter Otto Prantl hatte für Unmut gesorgt. In diesem Zusammenhang ist noch eine Höchstgerichtsklage eines Mitbewerbers anhängig. In der Sektion V ist auch die von Strasser geschaffene Aufpassergruppe, das Büro für interne Angelegenheiten (BIA), angesiedelt. Dass ausgerechnet die Fremdensektion gestrichen wird, wird in der SPÖ als "politischer Kniefall" vor dem freiheitlichen Koalitionspartner kritisiert: "Die Zuwanderungs- und Integrationspolitik ist dem Minister scheinbar nichts wert." Mit dem Leiter der Fremdensektion, Wolf Szymanski, scheidet der vorletzte unter SPÖ-Ministerschaft angelobte Spitzenbeamte aus. Übrig bleibt Sicherheitsdirektor Erik Buxbaum. Vorzeitig und freiwillig wurde der erste Fixposten des in Aufbau befindlichen Bundeskriminalamtes (BKA) geräumt: Bernhard Jany, der seinen Job als Sprecher des Roten Kreuzes für das BKA aufgegeben hatte, zog nach ergebnislosen Gehaltsverhandlungen entnervt die Konsequenzen. Streit um Stapo Der nächste Streit ist mit der Reform der Staatspolizei programmiert. Strasser sperrt 15 Stapo-Büros zu, der Vertrag mit dem bisherigen Chef Peter Heindl wird nicht verlängert. Ihm folgt ein hoher Beamter aus dem Heeresnachrichtenamt. Wie berichtet, wurden mehrere Spitzenbeamte, darunter BIA-Chef Martin Kreutner, aus dem Verteidigungsministerium rekrutiert. Völlige Frustration herrscht auch in der Gendarmerie. Mit Oskar Strohmeyer werde der "rote General" abserviert. "16.000 Beamte stehen ohne Kopf da", so die drastische Formulierung eines Gendarmen. Strohmeyer wäre einer der wenigen gewesen, die sich dezidiert gegen Strassers Pläne ausgesprochen hätten. Ein Reformpapier, das Strohmeyers Gruppe während der letzten neun Monate erarbeitet hat und das ab ersten Juni umgesetzt werden sollte, ist damit hinfällig. Es hätte 20 Prozent Einsparungen erbracht. (kob, völ, simo, DER STANDARD, Printausgabe, 17.5.2002)