Wenn Designer in großem Stil mit Designern zusammenkommen und über Sinn und Unsinn ihrer Branche plaudern, nennt sich das flapsig Gipfeltreffen und korrekt "Typo Berlin". Vergangene Woche war es zum siebten Mal so weit: 160 Experten aus Grafik- und Kommunikationsdesign, Werbung und Wissenschaft tauschten sich mit rund 1000 Teilnehmern über Handfestes zum Handwerk aus, ließen sich von Kollegen inspirieren und diskutierten über die Tragweiten ihres Tuns.

Der Initiator des Fachforums, Erik Spiekermann, ist in der Branche kein unbeschriebenes Blatt: Der Typograf und Informationsdesigner gründete Meta-Design, Deutschlands größte Design-Agentur, und FontShop, Deutschlands ersten Versand für Computerschriften, entwarf Schriften, die bereits als klassisch-modern gelten und verpasste dem britischen Economist ein neues Gesicht. Hat es einen Einfluss auf Profis wie ihn, dass heutzutage praktisch jeder mit dem Computer selbst gestalterisch tätig sein kann? "Wenn Laien mehr über Gestaltung wissen, schätzen sie die Arbeit der Profis mehr. Davon können wir nur profitieren. Andersherum müssen wir immer besser werden", sagt Spiekermann.

Eben darum ging es auf der "Typo": Wie können Grafikdesigner besser informieren - oder schlimmstenfalls auch manipulieren? "Auch bei einem guten Zweck muss man listig sein", meint Spiekermann. "Informationen müssen so gestaltet sein, dass der Konsument sie überhaupt wahrnimmt und aus ihnen Kommunikation, also Handeln wird." Das kann der Kauf eines Produktes ebenso sein wie das Zurechtfinden in der U-Bahn oder auf einem Formular. Aber Gestaltetes soll nicht bloß funktionieren und schön aussehen: In der Branche sei es ein großes Thema, inwieweit das Gestalten mancher Dinge verwerflich ist und wie weit die Verantwortung des Einzelnen reicht.

Über diese philosophische Perspektive, also was gutes Design gut macht, sprach Spiekermanns Kollege Stefan Sagmeister. Der Österreicher mit Wohnsitz New York machte sich mit Plattencovern für die Rolling Stones und Lou Reed einen Namen. Wenn Designer z. B. für Hilfsorganisationen arbeiten, müssten sie sich laut Sagmeister zuerst fachlich in das Thema einarbeiten, um überhaupt eine gute Lösung entwickeln zu können: "Gutes zu tun funktioniert nicht aus der Ferne."

Was die neuen Herausforderungen betrifft, die heute und morgen auf Designer warten, gibt sich Erik Spiekermann gelassen: "Natürlich sind die neuen Medien ein Thema, dort passiert noch sehr viel. Einiges wird sich aber auch als Unsinn herausstellen: Kein Mensch wird digitales Fernsehen haben und das Ende seines Films selbst bestimmen wollen. Ansonsten ist vieles in den neuen Medien ganz banales Handwerk: Gelesen wird immer noch von links nach rechts. Und gelbe Schrift auf grünem Grund - das funktioniert auch im Internet nicht." Der Standard/rondo/17/05/02