Kunst
Das MoMA zieht um: In Queens entsteht neue Dependance
Yoshio Taniguchi baut Haupthaus um - Michael Maltzan entwarf mehr als nur ein Ausweichquartier
New York - Am Pfingstwochenende war für New Yorker
Kunst-Enthusiasten Abschiednehmen angesagt: Das Museum of Modern Art
(MoMA) zieht (vorübergehend) um. Wenn die bis morgen, Dienstag,
laufende Gerhard Richter-Ausstellung ihre Pforten schließt, dann
dauert es bis 2005, bis das Haupthaus wieder geöffnet wird. In dieser
Zeit nach Plänen wird das Haus nach Plänen des Japaners Yoshio
Taniguchi umgebaut und erweitert. Inzwischen werden die wichtigsten
Werke des Museums sowie Themenausstellungen in einer neuen Dependance
im Stadtteil Queens, dem MoMA QNS, gezeigt. Dieses Gebäude, das am
29. Juni mit einer Ausstellung der "MoMA Highlights" eröffnet wird,
ist wegen seiner faszinierenden Architektur mehr als nur ein
Ausweichquartier. An seiner Entstehung ist auch ein Österreicher
beteiligt. Das ehemalige Fabriksgebäude in Long Island City wird derzeit nach
Plänen des in Los Angeles ansässigen Architekturbüros Michael Maltzan
Architecture gestaltet. Der 1971 in Eisenstadt geborene Architekt
Kurt Sattler, der seit 1999 in dem Architekturbüro arbeitet, ist
dabei Maltzans Projektdesigner, "ein wichtiger Assistent und
Mitarbeiter für das Projekt", von dem "sicherlich die eine oder
andere seiner Ideen in das Gesamtkonzept hineingeflossen" sei, so
Maltzan im Gespräch mit der APA. Sattler, einer von 18 Mitarbeitern
im Maltzans Büro, hat im Zuge der Bauarbeiten das Projekt überwacht
und ist dazu einmal pro Monat nach New York gekommen, schildert der
Österreicher, der in Wien und Sydney studierte und schon mit Coop
Himmelb(l)au und Berger+Parkkinen gearbeitet hat, gegenüber der APA.
Für das Gesamtkonzept des Umbaus im MoMA QNS zeichnet die New
Yorker Architektengruppe Cooper, Robertson & Partners verantwortlich.
Maltzan entwarf alle öffentlichen Räume, das sind die Lobby, die
Galerieräume und die Fassade. Ursprünglich war das Gebäude, das
unweit des mit dem MoMA assoziierten P.S.1 Contemporary Art Center
liegt, nur als temporärer Ausstellungsort gedacht und sollte nach der
Wiedereröffnung des Haupthauses als Depot weiterverwendet werden.
Jedoch hält es Maltzan wegen des "interessanten Potenzials", der
Größe und "Rohheit" des Gebäudes für "sehr wahrscheinlich", dass sich
nach Herbst/Winter 2004, wenn die Ausstellungstätigkeit im MoMA QNS
endet, "auch andere Verwendungszwecke finden werden".
Museum bleibt in Bewegung
Die mit der U-Bahn anreisenden Besucher (es wird auch einen
Shuttle-Bus vom, Haupthaus in der 53. Straße in Manhattan zur
Dependance geben) werden schon von fern mit einer Installation mit
Signalwirkung auf das MoMA QNS hingewiesen: Mit großen weißen
Buchstaben beschriftete schwarze Boxen, in denen technische Apparate
untergebracht sind, wurden so auf dem Dach des Gebäudes aufgestellt,
dass sie erst beim Einfahren in die U-Bahn-Station für rund 15
Sekunden Fahrt das Wort "MoMA" ergeben. Für Direktor Glenn D. Lowry
ein Sinnbild für (Weiter)-Bewegung, denn das altehrwürdige MoMA
(dessen 1929 begonnene Sammlung 1939 das erste eigene Haus bezog)
will in der neuen Dependance beweisen, dass es nicht zum
Kunstsammel-Moloch erstarrt ist.
Das Bewegungs-Motiv zieht sich durch den gesamten Eingangsbereich,
Maltzans Büro hat "eine Lösung entworfen, bei der das Gebäude auch
von außen Passanten und Besucher anzieht", so Maltzan. Ein
Lichtelement führt die Besucher zur Eingangsrampe, von der aus alle
öffentlich zugänglichen Bereiche des MoMA QNS (Ausstellungsbereich,
Bibliothek, Studienräume, Shop, Cafe) erreichbar sind. Diese
Eingangsrampe setzt die Bewegung der Straße ins Museum fort, die im
Gebäude gleichsam direkt auf die Kunst trifft: Der Ausstellungsraum
schlägt sich in einer Gegenbewegung in die Eingangshalle durch.
Entgegen den Erwartungen überblickt man vor deren Betreten die äußere
Form der Galerienräume. "Die charakteristische blaue Farbe der
ehemaligen Swingline Staple Factory wurde beibehalten", meinte
Maltzan in Bezug auf die Fassade, die - auf dem Weg zum New Yorker
Flughafen JFK - für viele zu einer Art Wahrzeichen geworden ist.
Für Maltzan ist das Projekt in New York fast eine "Heimkehr", denn
er wurde 1959 in Long Island (NY) geboren und wuchs an der Ostküste
auf. "Daher bin ich auch mit der Landschaft hier sehr vertraut".
Weiters ist Queens vom städtebaulichen Aspekt Los Angeles "sehr
ähnlich". Denn "viele Museen in New York, zum Beispiel das
Österreichische Kulturforum, haben das Problem, dass diese innerhalb
eines Häuserblocks stehen, also erst sichtbar sind, wenn man fast
schon davor steht. In Queens gibt es keine solche Häuserdichte".
Neben dem MoMA QNS arbeitet Maltzan derzeit unter anderem an der
Umgestaltung des UCLA Hammer Museums in Los Angeles, das zu einem Ort
für Kunst, Kultur, Film und Dialog vervollständigt werden soll.
Der rund 650 Millionen Dollar (712 Mill. Euro) teure Umbau am
MoMA-Haupthaus durch Yoshio Taniguchi wurde notwendig, weil die
Sammlung von 40.000 Objekten beim Einzug auf über 100.000 angewachsen
ist. Das Museum soll nicht nur vergrößert werden - der verfügbare
Ausstellungsraum wird sich mehr als verdoppeln-, sondern in gänzlich
neuem Licht erscheinen: Zwei neue Gebäude werden für die Galerien
bzw. den Forschungs- und Ausbildungsbereich errichtet. Zu diesem
Zwecke wurden zu Beginn der Bauphase, 2001, der Nord- und Westflügel
des Museums sowie ein angrenzendes Hotel abgerissen.
(APA)