Schon erstaunlich, wer plötzlich an einer Neuaufteilung der Rundfunkgebühren Interesse zeigt. Erfreulich umfangreich die nachgelieferten Zielsetzungen. Wie etwa:
  • private Anbieter fördern;
  • aus der Medienbehörde KommAustria und ihrem Geschäftsapparat RTR ein echtes Kompetenzzentrum machen;
  • in ein echtes duales System von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk investieren - was immer das sein mag; bis hin zur
  • Subventionierung freier, nicht werbefinanzierter Privatradios.

    Sobald man aber das geplante Volumen der geplanten Neuaufteilung betrachtet, verlieren die besten Argumente schlagartig an Strahlkraft. Satte 220 Millionen Euro - über drei Milliarden Schilling - sollen aus dem Budget an private Unternehmer umverteilt werden. Bei einer derartigen Summe fallen jedem einleuchtende Argumente ein, noch dazu, wenn diese 220 Millionen Euro ein Mehrfaches der gesamten derzeitigen Werbeeinnahmen aller privaten Radio- und Fernsehbetreiber ausmachen.

    Jeder, der plötzlich Anachronismen beseitigen will oder fairen Wettbewerb fordert, hat ein Ziel: einen möglichst großen Anteil am Gebührenkuchen.

    Die Regulierungsbehörde RTR, weil sie in ihrer Bedeutung eminent aufgewertet würde. Über Nacht könnten Summen verteilt werden, gegen die die gesamte Presseförderung Peanuts wäre. Schade nur, dass gerade die Presseförderung den Nachweis geliefert hat, dass derartige Systeme eher nicht erfolgreich sind und deshalb reformiert wird. Das Ziel der Reform: Liberalisierung statt Subventionen.

    Die derzeit 2,7 Millionen Euro Budget der RTR entsprechen zudem durchaus ihrem derzeitigen Aufwand.

    Der Verband der Privatrundfunkveranstalter ist dafür, weil damit für den Großteil der privaten Betreiber die wirtschaftliche Durststrecke zu Ende wäre. Mit den diskutierten Summen könnte der Betrieb aller privaten Radios und TV-Sender etwa zur Hälfte finanziert werden.

    Schade nur, dass die EU Gebühren grundsätzlich als staatliche Beihilfe sieht, der ein klarer Auftrag - in der Regel ein umfangreicher öffentlich-rechtlicher wie im neuen ORF-Gesetz - gegenüberstehen muss. Die Programmschemen der meisten privaten Rundfunkveranstalter müssten für einen vergleichbar umfangreichen Auftrag wesentlich geändert werden.

    Warum Österreich neben den Programmen des ORF über 60 weitere de facto öffentlich-rechtliche Programme benötigt, müsste der Verband Österreichischer Privatrundfunkveranstalter auch noch beantworten. Die Bilanzen der Gesellschafter als Grund werden zu wenig sein.

    Ein Teil der österreichischen Werbewirtschaft ist dafür, weil mit der gleichzeitig geforderten Freigabe der Werbezeiten für den ORF die Spot-preise im ORF sinken und damit die Agenturspannen steigen könnten.

    Weniger ORF-Werbung

    Schade nur, dass freie Werbewirtschaft nicht nach diesem Motto funktioniert: Hier der Marktführer, in dem geworben und mit dem gut verdient werden kann, dort die Feigenblätter für ein duales System, die eigentlich nicht gebraucht werden. Und deswegen über Gebühren am Leben erhalten werden sollen. Wer will schon in Medien-Albanien mit nur einem Rundfunkveranstalter leben.

    So hat sich jeder sein Umverteilungsszenario zurechtgelegt, plausibel, zielgerichtet, gewinnorientiert. Zu gewinnorientiert vielleicht. Auch, weil dabei wie bei den Kirschen in Nachbars Garten vergessen wird, dass diese nur dann saftig und süß werden, wenn man ihnen die entsprechende Pflege angedeihen lässt.

    Wie auch im Fall des ORF und der Gebühren: Neben dem jährlichen Bericht an den Nationalrat über die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags wird in Bälde die EU-Kommission prüfen, ob den Gebühren ein ausreichender Auftrag und vor allem eine entsprechende Erfüllung gegenüberstehen. Der ORF wird diese Prüfung bestehen, oder durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen, dass das geforderte Verhältnis erreicht wird.

    Der Einzige, der daher einen größeren Anteil von den Gebühren bekommen sollte, ist der ORF. Bei weniger Werbezeit, damit private Betreiber bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorfinden. Die Alternative ist die völlige Abschaffung der Rundfunkgebühren - Stichwort Anachronismus.

    Aber wenn solche Themen auftauchen, gilt eigentlich gilt nur: Der Sommer fängt heuer sehr früh an. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 22. Mai 2002)