dieStandard: Wie beurteilen Sie die nun beschlossene Regierungsvorlage auch in Hinblick auf Ihre zuvor geäußerten Kritikpunkte? Katharina Prinzenstein: Mittels der Betonung der Verbesserungen erwartet sich die Regierung eine breite Erleichterung, die sie in Zustimmung der Betroffenen umdefinieren kann. Dies wird voraussichtlich nicht geschehen - und die Regierung und vor allem der Nationalrat wäre gut damit beraten, eine "Nachdenkpause" einzulegen und nochmals von vorne zu beginnen. Sollte das Gesetz aufgrund dieser geschickten Taktik halbwegs glimpflich im Interesse der Regierung beschlossen werden können, wäre dies noch kein Erfolg: Denn eine Umsetzbarkeit des geplanten Gesetzeswerkes ist selbst für die Willigen und an diese vorgebliche "Innovation" Gläubigen inexistent. Plattes Spiel Aber über kurz oder lang werden die denkenden Unviersitätsmenschen aller Gruppen merken, dass hier ein plattes Spiel versucht wird: "Gebt allen Protestierenden ein wenig vom Geforderten zurück, damit sie nicht merken, was ihnen genommen wird, so kriegt ihr sie still." dieStandard: Ist der Widerstand gegen das Universitätsgesetz 2002 gescheitert? Gibt es nach der Zustimmung des Ministerrats zur Regierungsvorlage noch Möglichkeiten der Intervention? Bis zuletzt sind immer öffentliche Diskussionen notwendig und möglich, ebenso Proteste und Aufklärungsversuche gegenüber jenen Lobbyisten (und den wenigen Lobbyistinnen), die tatsächlich auf die Schlagworte der "Zukunftsweisung" und der "Vollrechtsbefähigung" oder gar der "Weltklassierung" hineinfallen. Politische Räume Weiters stehen nun zwei politische Räume zur Intervention an: (1) Aufklärungsarbeit mit den Mitgliedern des Wissenschaftsausschusses. Ernsthafte Aufschlüsselung dessen, was verloren geht und Aufblättern der illusorischen und fiktiven Kostenberechnung; Klarstellen, welchen Gruppeninteressen auf Kosten und zu Lasten der Allgemeinheit gedient wird (v.a. durch die Abspaltung der Medizinfakultäten); Aufzeigen, dass technokratistisches Oligarchiestreben von der Zerschlagung der kooperativen Universitätslandschaft profitiert, aber keineswegs eine wie auch immer definierte internationale Wettbewerbsfähigkeit der in österreich Ausgebildeten oder der österreichischen Universitäten! Es ist nicht einmal hinsichtlich des kritikwürdigen Bologna-Prozesses vonnöten, die Universitäten dermaßen auszudünnen, es entspräche nicht einmal der abzulehnenden Ideologie eines New Public Management, was hier intendiert ist. Ein schlechtes Gesetz ist ein schlechtes Gesetz, auch wenn einzelne Detailverbesserungen hochgejubelt werden (z.B. die Rücknahme eines 6-Noten-Buchstabensystems). Petitionen Konkret sind weiters Petitionen an die Mitglieder des Nationalrates zu deren Information über die fehlende Dringlichkeit des Gesetzesvorhabens und die Uneindeutigkeit der Alternativen wichtig: Es ist eine Falschmeldung, dass die einzige Alternative zur Regierungsvorlage ein beibehalten des Jetzigen wäre. Weder ist eine Bewertung der jetzigen Situation nach fachlichen Kriterien im Rahmen einer umfassenden "Evaluation" mit sozialwissenschaftlichen Methoden vorgelegt worden noch wurde zugegeben, dass eine Novellierung bzw. Reform des UOG & KUOG mindestens ebenso denkbar wie die Neuerfindung des Rades. Ziel, Zweck und Sinngehalt der Reform ist in vielen Umschreibungsvokabeln dem Vergessen unterworfen worden. Dies muss nicht sein. Was das Gesetz bzw. die Universitäten bewirken soll/en ist gänzlich in Verlust geraten! - "Welt-Klasse" ist höchstens ein Maß, kein Inhalt. - Und selbst ein rein kapitalistisch orientiertes Unternehmen/Unterfangen müsste einen Inhalt haben, nicht nur ein Umsatzziel. Alles in allem: Unabdingbar ist: Zurück an den Start! (red)