Wien - Die seit 1955 alle rund fünf Jahre in Kassel stattfindende documenta hat sich längst zur renommierten Weltkunst-Ausstellung entwickelt. Keine hat jedoch für so viel Aufregung und Dynamik gesorgt wie die documenta 5 (1972), kuratiert von Harald Szeemann. Umstritten waren damals das Konzept der Zusammenführung von Kunst und Leben und die Auswahl der ausstellenden Künstler. Im Kunsthallen-project space am Karlsplatz ist parallel zur documenta 11 in Kassel von Mittwoch bis zum 28. 7. die Dokumentation "Skandal und Mythos. Eine Befragung des Archivs zur documenta 5 (1972)" zu sehen, veranstaltet von Kunsthalle Wien und Basis Wien.Institution "Ausstellung" Im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen nach 1968 wurde die Institution "Ausstellung" vielfach in Frage gestellt. Szeemann propagierte statt des von documenta-Erfinder Arnold Brode konzipierten "Museums für 100 Tage" die documenta als "Ereignis der 100 Tage". Er wollte nach der Verantwortung von Kunst bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme fragen und ließ dadurch die bis dahin eher biedere Kasseler Weltkunstschau zu Skandal und Politikum gleichermaßen werden. Hoch- und Trivialkultur Die d5 hob die Grenzen zwischen Hoch- und Trivialkultur auf und öffnete die Museumstore für Werbung, Kitsch oder Spielzeug. Miteinbezogen wurden neue Strömungen wie Happenings, Performances oder Experimentalfilme. Legendär ist das von Joseph Beuys hundert Tage lang betriebene "Büro der Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung". 220 000 Besucher haben die documenta 5 gesehen. "Skandal und Mythos" bietet anhand von Korrespondenzen zwischen Künstlern und Organisatoren auch einen interessanten Blick hinter die Kulissen des Ausstellungsbetriebes. Für jeden auf der documenta 5 vertretenen Künstler (neben Josef Beuys u. a. Vito Acconci, das Kollektiv Archigram, Georg Baselitz, Günter Brus, Christo, die Haus-Rucker-Co, Hermann Nitsch, Yoko Ono, Sigmar Polke und Arnulf Rainer) gibt es im project space eine Lade aus Karton, in der Kopien der Briefe für die Besucher entnehmbar sind. Weiters sind Fotos, Plakate, Briefe, Künstlerbewerbungen, Eintrittskarten und Videos zu sehen. Das Material stammt aus den Beständen des documenta-Archivs und wurde teilweise auch schon auf der im Herbst 2001 stattgefundenen Ausstellung "Wiedervorlage d5" in Kassel gezeigt. (APA)