Wien - "Eine Finanzierungslücke darf es in der Technologiepolitik einfach nicht geben. Das, was jetzt bisher aufgebaut wurde, ist etwas so Wichtiges, da steckt so viel Aufholarbeit drin, dass jegliche Budgetlücke unweigerlich wieder einige Jahre zunichte machen würde im gesamten Forschungskonzept": Eindringlich ist die Mahnung, die Günther Bonn, Vizevorsitzender des Rats für Forschung und Entwicklung, an die Regierung richtet: "Schwerpunkte für die Zukunft liegen sicher nicht in der Steuerreform, sie liegen in der Innovation und der Technologie", sagt Bonn bei einem Gespräch des STANDARD mit den Spitzenvertretern des Rats. Angesprochen ist das heikle Jahr 2003: Die erste Sondertranche von 508 Millionen Euro für eine Technologieoffensive ist aufgebraucht. Neues Geld haben Kanzler und Finanzminister erst für 2004 in Aussicht gestellt, allenfalls mit der Möglichkeit, einiges davon im Vorgriff schon 2003 in Zusagen zu binden. Damit sind die Programmbudgets für heuer zwar noch abgesichert, für 2003 herrscht aber landesweit große Unsicherheit. Ist das nicht eine völlig unzureichende Basis für eine kontinuierliche Technologiepolitik? Schluss mit dem Löcherstopfen "Warten wir doch erst einmal die Budgetverhandlungen ab", so Forschungsratsvorsitzender Knut Consemüller. Der Rat setze sich nun mit den Fachministerien zusammen, um auf der Basis zu erwartender Normalbudgets für 2003 und einer möglichen vorgezogenen Mittelbindung aus der neuen Sondertranche zu analysieren, wo es Problemfälle gibt. Klar sei aber, dass es auf Dauer keine gedeckelten Normalbudgets der Technologieressorts geben dürfe, betont Consemüller. Aus der nächsten Sondertranche werde es sicher kein Löcherstopfen für die Budgets geben, das Geld muss für neue, innovative Projekte reserviert bleiben. Auch die Forschungsförderfonds, die knapp 100 Mio. Euro aus dem Sondertopf bekamen, werden an die Ressortbudgets zurückverwiesen. Dazu müssten diese aber entsprechend dotiert werden. Für eine langfristige Planungssicherheit, so Consemüller, liege ein interessanter Vorschlag von Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher auf dem Tisch. Demnach sollen 20 Prozent der Dividende der Notenbank an den Finanzminister für Forschung und Entwicklung zweckgewidmet werden. Dies erbrächte nach der heurigen Ausschüttung rund 300 Mio. Euro im Jahr. Über drei bis fünf Jahre könnte man daraus einen revolvierenden Fonds mit beachtlichem Volumen bilden. Die zuletzt auffallend intensivierten Aktivitäten der technologieverantwortlichen Minister (Wirtschaftsminister Bartenstein kündigt mit Finanzminister Grasser eine gemeinsame Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit starker Technologiekomponente an, Infrastrukturminister Reichhold will eine Gesellschaft des Bundes für Innovation gründen) sieht man im Rat keineswegs als Aufforderung, nach Vergabe der Sondermittel nun wieder zurückzutreten und den Ministerien das Sagen zu lassen. "Unsere Aufgabe ist durch das Gesetz klar definiert. Dieses sieht vor, dass der Rat als Ganzes und auch jedes Mitglied politisch unabhängig ist." Problematisch sei aber die Abhängigkeit des Rats von Beamten. Deshalb dränge der Rat darauf, eine unabhängige Rechtspersönlichkeit zu werden. Consemüller: "Dem hat Minister Reichhold sofort zugestimmt. Bis zur nächsten Ratssitzung wird dazu ein Entwurf erarbeitet." Gestaltungsvorschlag aus der Vielfalt der Instanzen Reichholds Plan zur Einrichtung einer Gesellschaft des Bundes für Innovation (GBI), die alle Ressort-zugehörigen Akteure in der außeruniversitäten Forschung inklusive aller Förderfonds unter eine Holding bringen will, betrachtet der Rat auch nicht als Präjudizierung seiner eigenen Arbeit an einer Gesamtstrategie für den außeruniversitären Bereich. Consemüller: "Reichhold hat ausdrücklich gesagt, dass dieser Entwurf ein Gestaltungsvorschlag aus der Vielfalt der Instanzen aus seinem Haus ist." Es gehe um Vereinfachung, Effizienzsteigerung. "Ob eine Holding dabei das Optimum ist, hat auch der Minister offen gelassen." Eindeutig spricht sich der Rat gegen die Einbeziehung der Förderfonds in diese Konstruktion aus. "Wir wollen die außeruniversitäre Forschung dort sehen, wo sie ist, beim Infrastrukturministerium", sagt Bonn. "Aber wir wollen die Grundlagenforschung - von der Universität bis zur Förderstelle, dem Fonds für die wissenschaftliche Forschung - beim Wissenschaftsministerium haben. Der FWF gehört nicht in eine GBI, er gehört dorthin, wo die Unis sind." Consemüller sieht auch die Einbeziehung des FFF, des Förderfonds für die gewerbliche Wirtschaft, in eine Bundesholding skeptisch: "Die Fonds verfügen über eine starke Autonomie. Will man die opfern, muss man sehr exakt darlegen, worin da eine Verbesserung bestehe." (Johannes Steiner, Der Standard, Printausgabe, 31.05.02)