Inland
Scharfe Kritik der Opposition an Riess-Passers Vorschlag
Van der Bellen: "Brauchen keine Lex Gaugg" - SPÖ hält Vorschlag für "zutiefst undemokratisch"
Wien - Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen
sieht derzeit keine Veranlassung für eine verfassungsrechtliche
Unvereinbarkeitsregelung für Mandatare. "Wir brauchen keine Lex
Gaugg, keine Anlassgesetzgebung", sagte er Dienstag in einer
Pressekonferenz. Die FPÖ schlage dies nur vor, um die "Unfähigkeit
von Sozialminister Haupt und der Regierung", in der
Pensionsversicherungsanstalt ein ordnungsgemäßes
Postenbesetzungsverfahren durchzuführen, zu kaschieren. Was den zum Vize-Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt
(PVA) gekürten FP-Abg. Reinhart Gaugg betrifft, hat Van der Bellen
die "Vermutung", dass die Funktion im Unternehmen mit 6.000
Beschäftigten viel Zeit in Anspruch nehmen wird und Gaugg nicht mehr
sehr viel Zeit für die ebenfalls zeitaufwändige
Abgeordneten-Tätigkeit finden werde.
Problem mit Gleichheitsgrundsatz
Bei Unvereinbarkeitsbestimmungen, wie sie die FPÖ jetzt für den
Bereich der Sozialversicherung vorschlägt, sieht Van der Bellen ein
Problem mit dem Gleichheitsgrundsatz: Dieser lasse es "sehr schwierig
erscheinen, bestimmte Personen davon auszuschließen, Abgeordneter zu
werden". Da stelle sich schon die Frage, "wo fängt das an, wo hört
das auf" - bei der Sozialversicherung, bei kleinen
Bauernversicherungs-Funktionären oder auch wenn z.B. ein Professor im
Wissenschaftsausschuss sitzt? Schließlich sollte das Parlament doch
ein Spiegelbild der Gesellschaft sein, so Van der Bellen.
Unvereinbarkeit sei vor allem eine politische Frage, nicht eine
juristische. Was man aus Sicht der Grünen brauche, sei in
Einzelfällen eine politische Debatte über die Problematik
Mandat-ziviler Beruf, meinte Van der Bellen. Nicht im Nationalrat
sitzen sollte z.B. der ÖGB-Präsident: "Im Interesse einer starken
Gewerkschaft sollte er nicht Angehöriger einer Fraktion sein".
SPÖ will nicht zustimmen
Die SPÖ wird einem Unvereinbarkeitsgesetz, so wie es
der FPÖ vorschwebt, ebenfalls nicht zustimmen. Das machte der geschäftsführende
Klubobmann der SPÖ, Josef Cap, am Dienstag in einer Pressekonferenz
klar. Den diesbezüglichen Vorschlag von Vizekanzlerin Susanne
Riess-Passer (F) sieht Cap als "Ausdruck ihrer Hilflosigkeit" und
zudem als "zutiefst undemokratisch". Denn eigentlich gehe es der FPÖ
nur darum, die Sozialpartner aus dem Parlament zu entfernen. Gerade
die Sozialpartnerschaft mache aber "das Erfolgsmodell Österreich"
aus.
Grundsätzlich sieht Cap im Übrigen keine Unvereinbarkeit vom
Nationalrats-Mandat des Freiheitlichen Reinhart Gaugg und dessen
Funktion als Vize der künftigen Pensionsversicherungsanstalt. Auch
der Unternehmer Thomas Prinzhorn sitze berechtigt im Parlament ebenso
wie Vertreter der Sozialpartner. Was im Fall Gaugg störe sei
vielmehr, dass dieser versuche mit seinem Mandat einen hoch dotierten
Sondervertrag bei der PVA zu "erpressen".(APA)