Inland
FPÖ über VfGH-Entscheidung "nicht überrascht"
Opposition begrüßt Aufhebung, kritisiert jedoch lange Frist
Wien - Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), der
heute die Aufhebung des so genannten Homosexuellen-Paragrafen
(Paragraf 209 Strafgesetzbuch) bekannt gab, sei für die FPÖ "nicht
überraschend gekommen", sagte der freiheitliche Generalsekretär Karl
Schweitzer am Montag. Nun sei es wichtig, sich das
Ganze genau anzuschauen und eine Analyse durchzuführen. Ziel der
Novellierung aus freiheitlicher Sicht müsse "der verbesserte Schutz
Jugendlicher beiderlei Geschlechts vor sexuellem Missbrauch" sein. Befragt zu einer Bewertung des VfGH-Erkenntnisses, erinnerte
Schweitzer an den FP-Vorschlag, das Mindestalter für homosexuelle
Beziehungen von 18 auf 16 Jahre herabzusetzen. Die Freiheitlichen
hätten im Parlament schon vor einigen Jahren gesagt, "diese 18 Jahre
sind nicht sinnvoll und können auch nicht halten".
Opposition begrüßt VfGH-Entscheidung
Seitens der Opposition wurde die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes (VfGH), den so genannten
Homosexuellen-Paragrafen (Paragraf 209 Strafgesetzbuch) zu kippen, am
Montag erwartungsgemäß begrüßt. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea
Kuntzl sprach von der "längst fälligen Aufhebung eines
Unrechtsparagrafen". Für die Grüne Ulrike Lunacek hat der "jahrelange
Kampf gegen den menschenrechtswidrigen und kriminalisierenden
Paragraf 209" mit der Aufhebung nun "endlich einen ersten großen
Erfolg erzielt".
Kuntzl "erleichtert"
Kuntzl betonte, dem unterschiedlichen Schutzalter von homo- und
heterosexuellen Beziehungen seien bisher in "menschenverachtender
Weise" viele Paare zum Opfer gefallen. Basis der bisherigen Regelung
sei ganz offensichtlich "die völlig verfehlte Einstellung, dass die
homosexuelle Ausrichtung eines Menschen erstens verwerflich und
zweitens - einer ansteckenden Krankheit gleich - übertragbar wäre",
so die SPÖ-Politikerin. Sie zeigte sich "erleichtert" darüber, dass
sich der VfGH nun entsprechend entschieden habe. "Eine Frage der
Menschlichkeit", sagte Kuntzl.
Lunacek bedauert lange Frist
Für Lunacek ist allerdings "bedauerlich", dass der VfGH den
Paragrafen 209 nicht mit sofortiger Wirkung aufgehoben habe, sondern
dem Parlament eine Frist bis 28. Februar 2003 für eine entsprechende
Neuregelung gegeben habe. "Alles andere als eine ersatzlose
Streichung wäre aber eine Fortsetzung der Menschenrechtswidrigkeit",
so die Grüne. Als "erfreulich" bezeichnete sie dagegen, "dass mit
diesem Entscheid der VfGH die homophoben Abwehrhaltung von
Bundeskanzler Schüssel aufgehoben hat".
Günter Tolar: Konstruktive Sacharbeit war der Weg zum Erfolg
Von einem "langerwarteten Sieg der Gerechtigkeit" sprach Günter
Tolar, der Vorsitzende der SoHo (Initiative Sozialismus und
Homosexualität). Die Übergangsfrist von neun Monaten sei zwar ein
Wermutstropfen, "da der VfGH hier offensichtlich Angst vor der
eigenen Courage hatte". Wichtiger sei jedoch, dass das Höchstgericht
ein klares Urteil gefällt habe. Konstruktive Sacharbeit habe zum
Erfolg geführt. Mit seiner historischen Entscheidung habe der VfGH
"die letzte explizit gegen Homosexuelle gerichtete Gesetzesbestimmung
Österreichs aufgehoben und den Weg freigemacht für eine vernünftige
Debatte über die rechtliche Anerkennung von Lesben und Schwulen". (APA)