Wien - Normalerweise ist es leicht, einen Tunnel zu erkennen: Erstens liegt meistens Landschaft rundherum. Zweitens steht irgendwo eine Heiligenfigur (Barbara, Anm.) . Und drittens hat er einen Namen. In der Regel den einer Dame (die hat ihn dann auch getauft). Manchmal - wenn es sich um ÖBB-Bauvorhaben handelt - auch den eines Tieres - "Wildschweintunnel" zum Beispiel.

Manchmal aber trifft all dies nicht zu - und trotzdem ist das Bauwerk eindeutig ein Tunnel. Etwa im flachsten Wiener Gstätten-Flachland zwischen Alt- und Gemeindebauten in der Ecke zwischen BlamauerGasse, Aspangstraße und dem Aspangbahnhof in Wien-Landstraße: Ebenhier feierten die ÖBB Dienstagvormittag den Tunneldurchstich der S7. Und die soll ab dem 15. Dezember tatsächlich ein brauchbarer Zubringer zum Schwechater Flughafen sein.

Einziger Schönheitsfehler: Der Tunnel hat keinen Namen. Auch keinen Herrgottswinkel - obwohl eine ÖBB-Pressemitarbeiterin "eigentlich einer Nachbarin, die Barbara heißt, eine irgendwann geschenkte Heiligenfigur" abnehmen und einem sinnvollen Nutzen zuführen wollte.

Seinen Zweck, waren sich aber ÖBB- und Bezirksvertreter im länglichen Loch in der Landstraße einig, werde der Tunnel dennoch problemlos erfüllen: Damit die Schnellbahn ab der Station Rennweg wirklich schnell in Richtung Schwechat abbiegen kann, werden die Gleise unterirdisch unter der Stammstrecke hindurch geschwenkt und unter der Erde 1700 Meter bis zur Station Simmering geführt. Anders - über das bisherige Abzweigen auf der Stammstrecke - wäre ein hochfrequenter, dem Publikum zumutbarer Taktverkehr zum Flughafen nicht zu schaffen.

Der Tunnel auf der 342 Millionen Euro teuren Flughafenschnellbahn hat aber auch lokale Bedeutung: Nicht nur, dass so wertvolles überirdisches Stadtentwicklungsland frei wird, wird mit dem Verschwinden der Züge auch die Lärmbelastung der Anrainer sinken.(Thomas Rottenberg/Der STANDARD, Printausgabe, 26.6.2002)