Göttweig - Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hat Tschechien im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung neuerlich aufgefordert, die umstrittenen Benes-Dekrete zu überdenken. "Wir wollen, dass die betreffenden tschechischen Rechtsakte, die auf Kollektivschuld beruhen und mit dem europäischen Rechtsempfinden von heute nicht mehr vereinbar sind, bis zum EU-Beitritt nicht mehr rechtswirksam sein sollen", sagte Ferrero-Waldner am Samstag bei einer Rede anlässlich des diesjährigen "Europa-Forums Wachau" auf Stift Göttweig in Niederösterreich. Bedauern Es sollte zu einem Ausdruck des Bedauerns über dieses Unrecht kommen, meinte die Außenministerin. Begrüßenswert wäre auch eine symbolische materielle Geste gegenüber den Vertriebenen. Dies bleibe aber der tschechischen Seite überlassen. Ferrero-Waldner bekräftigte laut Redetext die Unterstützung Österreichs für die Erweiterung, betonte aber, "dass diese Gelegenheit genützt werden sollte, um mit schwierigen Etappen der Geschichte ins Reine zu kommen und so unbelastet in die Normalität von morgen, nämlich in ein Europa der ungeteilten Menschenrechte, zu gehen (...)." Die geplante Osterweiterung stelle die Europäische Union vor die grundsätzliche Frage, wie sie ihre Zukunft gestalten soll, sagte Ferrero-Waldner, die in diesem Zusammenhang den Begriff "Demokratisierung" als zentralen Ansatzpunkt nannte. "Es geht um mehr Demokratie in Europa." Eine Neudefinition von Aufgaben und Verantwortung in Europa müsse vor allem die Stärkung der Legitimität bestehender Strukturen und die größere Effizienz und Nachvollziehbarkeit von Abläufen umfassen. Die EU-Erweiterung trete in die entscheidende Verhandlungsphase ein. "Wir müssen uns darauf vorbereiten. Ich bin zwar gegen Datumsfetischismus, bin aber davon überzeugt, dass die 'road map', also das Beitrittsdatum 2004 für die am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten, von Seiten der EU gehalten werden wird. Es liegt an der Bereitschaft der Beitrittskandidaten, die Zeit voll zu nützen und dort aufzuholen, wo wir noch nicht in der Zielgeraden sind." Allerdings sei es wichtig, dass wir uns alle in Erinnerung rufen, dass jede ernsthafte Verzögerung für Österreich, für die Kandidaten und für Europa als Ganzes massive Konsequenzen hätte, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch und letztlich auch für die Stabilität des gesamten Kontinents. Innerhalb der EU müsse klar gestellt werden, "wer in Europa was macht, wofür die Europäische Union und wofür die Mitgliedstaaten zuständig sind", sagte die Außenministerin. "Diese Klarstellung muss vor allem unter dem Blickwinkel stattfinden, auf welcher Ebene eine Aufgabe am Besten erledigt werden kann - im Zweifelsfall sollte es die Ebene der Mitgliedstaaten oder ihrer Regionen sein. (...) Die regionale Ebene muss die Möglichkeit erhalten, ihre Rechte notfalls auch vor dem Europäischen Gerichtshof verteidigen zu können. (APA)