Kind hockt am Boden und spielt mit Bechern und Bauklötzen.
Die Bundesregierung will bis 2030 4,5 Milliarden Euro in die Kindergärten investieren.
APA/dpa/Uwe Anspach

Wien - Österreich hinkt in der Elementarpädagogik weiter hinterher: Die Besuchsquoten bei den Unter-Dreijährigen sind vergleichsweise gering und es gibt zu wenige Plätze für Kinder, deren Eltern einen Vollzeitjob haben. Wegen ungünstiger Arbeitsbedingungen fehlt außerdem Personal. Die Bundesregierung will gegensteuern, indem sie bis 2030 4,5 Milliarden Euro in die Kindergärten investiert. Reichen wird das allerdings nicht, zeigen Berechnungen des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ).

Der Finanzplan

50.000 zusätzliche Plätze bis 2030 sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sieht gar den "Turbo" für den Kinderbetreuungs-Ausbau gezündet. Dafür soll es neben der per 15a-Vereinbarung mit den Ländern vereinbarten "Kindergartenmilliarde" (jährlich 200 Millionen Euro für die Kindergartenjahre 2022/23 bis 2026/27 für Ausbau, Pflichtkindergartenjahr und Deutschförderung) zusätzlich für 2024 bis 2028 aus dem neuen "Zukunftsfonds" im Finanzausgleich jedes Jahr (wertangepasst) 500 Millionen Euro geben.

"Zu sehr auf den Ausbau konzentriert"

Mit dieser Summe alleine kann man laut KDZ-Forscherin Karoline Mitterer allerdings den gewünschten Ausbau von Plätzen nicht schaffen, da daneben auch Investitionen in die Qualität notwendig sind. So bestehen in mehreren Ländern fix geplante Verbesserungen der Betreuungsverhältnisse, mit der sie mittelfristig die Personalnot in den Griff bekommen und das pädagogische Angebot verbessern wollen. Auch der gewünschte Ausbau von Plätzen, die mit Vollzeit der Eltern vereinbar ist, benötigt zusätzliches Geld.

"Unter den jetzigen Rahmenbedingungen reicht das Geld nicht aus, weil man sich vonseiten des Bundes wieder viel zu sehr auf den Ausbau konzentriert hat und nicht auf den Erhalt und bessere Qualität", sagt Mitterer im APA-Gespräch.

Kleinere Gruppen, steigende Kosten

Die von mehreren Ländern schrittweise geplante Verkleinerung der Gruppen werde etwa dazu führen, dass die Kosten um bis zu einem Fünftel steigen und sich zudem kurzfristig der ohnehin schon vorhandene Personalmangel "massiv" verschärft. Allerdings komme man an einer Verbesserung der Rahmenbedingungen auch nicht vorbei, wenn man verhindern wolle, dass das Fachpersonal entweder gar nicht erst in den Beruf einsteigt oder schon bald wieder ausscheidet.

Gleichzeitig kommen die Gemeinden, die laut KDZ-Analyse rund zwei Drittel der Ausgaben für die Kindergärten schultern, schon bei den aktuell vorhandenen Plätzen nicht mit ihren Mitteln aus. Über die 15a-Vereinbarung gibt es ja nur eine Anschubfinanzierung für den Ausbau bzw. Geld für bestimmte Aufgaben (Pflichtkindergartenjahr, Sprachförderung). Den Erhalt müssen die Gemeinden selbst finanzieren, das hat in der Vergangenheit zu Zögern beim Ausbau geführt.

Das ist auch der Grund, wieso die jährlichen Kindergarten-Mittel aus dem "Zukunftsfonds" neben dem Ausbau zur Finanzierung bestehender Plätze genutzt werden dürfen, obwohl das Geld eigentlich für den Ausbau gedacht ist. "Dieses Geld wird von den Gemeinden auch dringend gebraucht für den laufenden Erhalt der Kinderbetreuung. Aber wenn das Geld in den laufenden Betrieb hineinfließt, ist halt auch kein Impuls für den Ausbau zu erwarten", analysiert die KDZ-Forscherin.

Dass die Regierung dennoch mit einer deutlichen Zunahme rechnet, liege wohl daran, dass die Bundesregierung "die aktuelle Situation der Gemeinden nicht ausreichend am Radar hat", so Mitterer. Denn trotz der Zusatzmittel würden deren Spielräume in den kommenden Jahren immer kleiner. Das KDZ geht davon aus, dass im kommenden Jahr schon die Hälfte der Gemeinden mit Krisenbudgets operieren und ihr Budget nicht mehr ausgleichen können, weil die Ausgaben stärker steigen als die Einnahmen.

Bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nötig

Sollen die Ausbauziele in der gewünschten Qualität auch erreichbar sein, brauche es eine bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Mitterer ist zwar – anders als Sozialpartner und so manche Parteien – dagegen, dass der Bund künftig anstelle der Länder die Regeln für die Elementarpädagogik vorgeben soll. Die lokalen Traditionen und Ausgangsniveaus seien schlicht zu unterschiedlich.

Aus ihrer Sicht wären aber gemeinsame Zielsetzungen und Mindeststandards der Länder und eine bessere Koordinierung zwischen den Ländern und Gemeinden notwendig. So wären Kindergärten, die mehrere Gemeinden in Kooperation anbieten, ein guter Weg, ein qualitätsvolles Angebot mit attraktiven Öffnungszeiten zu schaffen.

Vom Bund würde sie sich nach Vorbild Deutschlands eine flächendeckende Bedarfserhebung wünschen – als Planungsgrundlage, aber auch um auf jene Gemeinden Druck zu machen, die argumentieren, dass bei ihnen keine Kindergartenplätze gebraucht würden oder diese ganz bewusst nicht schaffen wollen – Stichwort "Herdprämie". Dass die Zahl der Kindergartenplätze weiter steigen wird, ist für Mitterer indes fix – allerdings nicht so sehr wegen der Initiativen der Bundesregierung. "Die tragende Rolle spielt der Druck aus der Gemeinde."

Bestätigt in seiner Kritik sieht sich der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB). Man werde sich mit den Gewerkschaften genau anschauen, wie und wann das Geld fließe, wird ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende Korinna Schumann in einer Aussendung zitiert. "Denn die Kolleginnen und Kollegen in den Kinderbildungseinrichtungen warten schon zu lange auf bessere Arbeitsbedingungen, egal ob es eine bundeseinheitliche Ausbildung wie von AK und ÖGB vorgeschlagen, mehr Entlastung oder höheres Einkommen ist." (APA, 24.12.2023)