ORF-Moderatorin Susanne Schnabl und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im ORF-
"Wir dürfen kein Freilichtmuseum werden", betonte der Bundeskanzler im ORF-"Sommergespräch" mit Susanne Schnabl.
APA/GEORG HOCHMUTH

Karl Nehammer war am Montagabend der für heuer letzte Gast im ORF-"Sommergespräch". Auch der Bundeskanzler und ÖVP-Chef durfte zu Beginn seinen Blick durch den renovierten Plenarsaal im Parlament schweifen lassen. Die Besuchergalerie ließ Nehammer pathetisch werden: Sie verstärke in ihm das Gefühl, "dass Politik für die Menschen da ist".

Um die ging es dann, in Form von klaffenden Versorgungslücken in der Kinderbetreuung speziell in der Altersgruppe ein bis drei Jahre. Da überraschte Nehammer mit einer Ansage: Die Regierung habe vor, dem Problem mit 4,5 Milliarden bis 2030 zu begegnen – weil "es nicht an der Kinderbetreuung scheitern darf, wenn Frauen arbeiten gehen wollen". Das Geld soll direkt in die 2.093 Gemeinden fließen. Nicht nur, um die nötige Infrastruktur zu schaffen. Sondern auch, um die nötigen Pädagoginnen und Pädagogen zu finden. Das heißt: Der Bund will sich an den Personalkosten beteiligen.

Fördern statt verbieten

Schlechter steht es um ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Vorgaben und Strafen in Österreich. Das will der grüne Juniorpartner unbedingt. Aber offenbar nicht so, wie es sich Nehammer vorstellt. Das Prinzip des Kanzlers lautet: fördern statt verbieten. "Die Dampfmaschine wurde auch nicht verboten, sondern durch etwas Besseres ersetzt", sagte er. Es gehe für ihn um Forschung und Innovation. Österreich solle sich nicht im Wettbewerb von der Welt abkapseln: "Wir dürfen kein Freilichtmuseum werden, wo Deindustrialisierung stattfindet."

Der Kanzler glaubt zudem noch an den Fortbestand der türkis-grünen Koalition. Entgegen anderslautenden Gerüchten solle erst zum regulären Wahltermin im Herbst 2024 gewählt werden. Das sei mit dem grünen Vizekanzler Werner Kogler akkordiert. Nebenbei ließ Nehammer fallen, dass sogar noch etwas aus dem lange liegengebliebenen Informationsfreiheitsgesetz werden könnte. Da seien ÖVP und Grüne "gerade dabei", das "fertigzuverhandeln".

"Die FPÖ ist nicht Herbert Kickl"

Obwohl die Mieten explodieren, hat die Regierung fünf Monate gewartet, einen Mietpreisdeckel einzuführen. Warum das so lange gedauert habe, fragte ORF-Moderatorin Susanne Schnabl. Bei den Mieten habe man sich angesehen, welcher Eingriff zu welcher Zeit wirkungsvoll sei, entgegnete Nehammer. Bei den Genossenschaften habe sich eine Erhöhung von bis zu 15 Prozent abgezeichnet. "Dann muss ich da eingreifen", sagte der Kanzler. Für die 425.000 Wohnungen am freien Markt, die vom Mietpreisdeckel nicht umfasst sind, "suchen wir noch nach einer Lösung".

Einmal mehr schloss Nehammer eine Koalition mit FPÖ-Chef Herbert Kickl aus. "Auch als Minister", betonte er. Ebenso glaubt er weiter, dass die schwarz-blauen Regierungen in den Bundesländern von Kickl isoliert zu betrachten seien: "Die FPÖ ist nicht Herbert Kickl." Aufmunternde Worte für seinen durch Affären geplagten Vorgänger gab es auch: "Ich glaube an die Unschuld von Sebastian Kurz." (Jan Michael Marchart, 4.9.2023)