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Die "The Zone of Interest"-Produzenten James Wilson, Leonard Blavatnik (der sich im Anschluss distanzierte) und Jonathan Glazer bei dessen umstrittener Dankesrede während der 96. Oscars. Der Film gewann den "Auslandsoscar" und einen Oscar für den besten Ton.
Chris Pizzello/Invision/AP

Wenn es einen Preis für die kontroverseste Oscar-Rede geben würde, hätte ihn dieses Jahr wohl Jonathan Glazer erhalten. Für seinen Holocaust-Film "The Zone of Interest", in dem es um das Familienleben des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß neben dem Konzentrationslager geht, wurde der 58-jährige Brite bei der 96. Oscarverleihung mit den Preisen für den "Besten Internationalen Film" und den "Besten Ton" ausgezeichnet. Die knapp eine Minute dauernde Dankesrede Glazers erntete Applaus, schlug indes hohe Wellen in den Medien. Nun haben mehr als 450 jüdische Filmschaffende und Branchenangehörige Hollywoods einen offenen Brief an den "Zone of Interest"-Regisseur unterschrieben, in dem seine Dankesrede angeprangert wird.

Bezug zur Gegenwart

Aber was hat Jonathan Glazer, der selbst Jude ist, eigentlich gesagt? "Alle unsere Entscheidungen wurden getroffen, um uns in der Gegenwart zu reflektieren und zu konfrontieren. Nicht um zu sagen: Schaut, was sie damals getan haben, sondern schaut, was wir heute tun. Unser Film zeigt, wohin die Entmenschlichung in ihrer schlimmsten Form führt, sie hat unsere gesamte Vergangenheit und Gegenwart geprägt", erklärte er auf der Bühne.

"Jetzt stehen wir hier als Männer, die ablehnen, dass ihr Jüdischsein und der Holocaust von einer Besatzung gekapert wurden, die für so viele unschuldige Menschen zu einem Konflikt geführt hat. Ob die Opfer des 7. Oktober in Israel oder des andauernden Angriffs auf Gaza, alle sind Opfer von Entmenschlichung. Wie können wir Widerstand leisten?", hieß es dann weiter, bevor er auf die Widerstandskämpferin Aleksandra Bystroń-Kołodziejczyk verwies, die auch im Film vorkommt. Sie versorgte als junges Mädchen die KZ-Gefangenen mit Nahrung. Ihr widmete er den Preis.

Protestbrief in "Variety"

Im Brief, der vom Branchenblatt "Variety" veröffentlicht wurde, heißt es: "Wir wehren uns dagegen, dass unser Judentum missbraucht wird, um eine moralische Gleichsetzung zwischen einem Naziregime, das eine Rasse von Menschen ausrotten wollte, und einer israelischen Nation, die ihre eigene Ausrottung abwenden will, zu ziehen."

Weiters heißt es darin, dass jeder Tod von Zivilisten in Gaza tragisch sei, Israel es aber nicht auf Zivilisten abgesehen habe, sondern auf die Hamas und dass dieser Krieg zu Ende sei, sobald die Hamas die Geiseln freilassen würde. Kritisiert wurde auch die Verwendung von Worten wie Besatzung: "Die Verwendung von Wörtern wie 'Besatzung' zur Beschreibung eines indigenen jüdischen Volkes, das ein jahrtausendealtes Heimatland verteidigt und von den Vereinten Nationen als Staat anerkannt wurde, verzerrt die Geschichte."

Prominente Unterzeichner

Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem von Schauspielerin Jennifer Jason Leigh, Regisseur Eli Roth und Produzentin Nancy Spielberg, der Schwester von Steven Spielberg. Öffentliche Kritik äußerte auch Danny Cohen, ein ausführender Produzent von "The Zone of Interest". Im Podcast "Unholy: Two Jews on the News" erklärte er, dass er bei diesem Thema grundsätzlich anderer Meinung als Glazer sei. Cohen sagte, er sei von vielen Menschen aus der jüdischen Community kontaktiert worden, die den Film für wichtige Aufklärung über den Holocaust hielten und verärgert darüber seien, dass er mit dem aktuellen Krieg vermischt werde. (red, 19.3.2024)