Was zeichnet gute Führung aus? Laut der Autorin Sabine Pelzmann ist es vor allem die Beziehung zwischen Vorgesetzten und ihrem Team. Auf dieser These baut auch ihr neues Buch "Führung = Beziehung" auf, das sie mit Ingo Winkler geschrieben hat. In Wort und Bild sollen damit 44 Inspirationen zum Thema geboten werden. Tomislav Bobinec lieferte die passenden Illustrationen.

Der Beziehungsaspekt in der Führung sei zwar nicht neu, räumt die Autorin und Unternehmensberaterin auf Nachfrage ein. Vor allem in den letzten Jahren in Zeiten von Pandemie und Multikrisen sei das Thema allerdings immer zentraler geworden. "Aber bewusst zu sagen, dass man an dieser Beziehung arbeitet, versucht, alte Muster zu durchbrechen, das passiert immer noch zu selten", sagt sie. Genau das würde sich aber endlich durch den akuten Personalmangel wandeln.

Gruppe von Menschen bilden einen Kreis am Arbeitsplatz
Laut Sabine Pelzmann neige unsere Gesellschaft dazu, Führungskräfte zu überhöhen. Das zeige sich vor allem dann, wenn Leistungen nur den Vorgesetzten und nicht dem ganzen Team zugeschrieben werden.
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Führung als Handwerk

Mit ihrem Buch will sie Führungskräfte unterstützen und jene ansprechen, die sich "von der personenzentrierten Betrachtung der Personalführung" lösen möchten, heißt es in der Einleitung. Was genau bedeutet das? Laut Unternehmensberaterin Pelzmann neige unsere Gesellschaft dazu, Führungskräfte zu überhöhen. Das zeige sich vor allem dann, wenn erbrachte Leistungen den Vorgesetzten und nicht ihren Teams zugeschrieben werden. "Es wird gerne vergessen, dass diese Ziele miteinander erreicht wurden", betont sie. Die Führungskraft trage dazu bei, den Erfolg zu ermöglichen, "ist aber nur ein Teil des Ganzen."

Die Lektüre soll zum Reflektieren anregen: Gibt es den einen richtigen Führungsstil, wie gelingt der Umgang mit Konflikten, und sollte über problematisches Führungsverhalten hinweggesehen werden, solange die Ziele stimmen? Die Lesenden sollen die Kapitel dabei nicht nacheinander lesen, sondern lieber durchblättern, von einem Texthäppchen zum nächsten springen – je nach Lust und Laune. Und dadurch "möglicherweise ihr zukünftiges Führungshandeln beeinflussen", schreiben die Autoren. Führung sei "ein Handwerk – oder eine Kunst", jedenfalls etwas, das man entwickeln und lernen könnte, begründet Pelzmann.

Aber auch etwas, das in Wechselwirkung entsteht – keine Rolle oder Position. "Die Mitarbeitenden müssen mittun, damit Führung gelingen kann", erklärt die Beraterin. Sie müssten die innere Erlaubnis geben, sich führen zu lassen. Die Geführten entscheiden sich demnach nicht nur für ihre Führungskraft, indem sie ihre Zustimmung geben, sondern gleichzeitig auch für ihre eigene Geführtenrolle. "Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass Mitarbeitende die einmal zugeschriebene Führung auch wieder entziehen können", steht dazu im entsprechenden Kapitel.

Geteilte Verantwortung

Es muss also – wie auch sonst im Leben – von beiden Seiten an dieser Beziehung gearbeitet werden, zum Beispiel wenn man der Frage nachgeht, wie mit Kränkungen umgegangen werden soll. Doch auch Geführte können laut der Beraterin Trainings in Anspruch nehmen, um in ihrer Rolle effektiver zu werden. Beispielsweise um herauszufinden, welche Form des Managements sie sich wünschen.

Die Akzeptanz der Belegschaft aber sei unerlässlich, sonst bewahrheite sich eine alte Weisheit. "Wenn sich Beschäftigte bewerben, suchen sie sich ein Unternehmen aus. Wenn sie gehen, liegt es aber meist am Zwischenmenschlichen – an der Kultur im Team oder eben der Führungskraft", sagt Pelzmann. Bei Problemen einfach wegzusehen, das könnten sich mittlerweile immer weniger Firmen leisten.

Gerade in wissensintensiven Jobs zeichne sich Führung durch die Gestaltung sozialer Beziehungen aus. "Vorgesetzte geben den Rahmen für den gemeinsamen Erfolg vor", sagt Pelzmann, und nehmen eine Rolle als Dienstleisterinnen und Dienstleister ein. Hierbei können laut der Beraterin auch Konzepte wie Shared Leadership und partizipative Ansätze bei der Entscheidungsfindung eine Möglichkeit sein. Doch nicht überall sei diese starke Einbindung der Belegschaft sinnvoll, manche Betriebe und Abläufe würde das sogar eher lähmen.

Klare Linien

Kommen neue Modelle zum Einsatz, seien klare Linien besonders wichtig: "Hat die Führungskraft ein Vetorecht, werden Entscheidungen demokratisch getroffen, all das muss vorher klar sein", sagt Pelzmann.

Apropos Klarheit, die sei gerade die größte Herausforderung für Führungskräfte, ist sich die Expertin sicher. "Mitarbeitende müssen in eine Zukunft mitgenommen werden, von der wir nicht wissen, wie sie aussieht", sagt sie. Diese Unsicherheit könne nur in dialogischen Prozessen adressiert werden. (Anika Dang, 28.3.2024)