Über manche Themen wird nicht gerne geredet, weder in Familien noch in der Politik. Zum Beispiel über das Autofahren im hohen Alter. Nun kann man unangenehme Fakten natürlich verdrängen. Das Problem ist: Sie sind immer noch da.

Die Statistiken zeichnen ein klares Bild: Ältere Autofahrer verursachen, gerechnet auf gefahrene Kilometer, öfter Unfälle. Wobei erst ab etwa 75 die Unfallkurve steil hinaufgeht. Die wenigen Verkehrsforscher, die das heikle Thema anfassen, stehen schnell als Moralapostel oder sogar Diskriminierer da. Dabei geht es bei der Kritik des Istzustands auf Österreichs Straßen nicht darum, alten Menschen etwas wegzunehmen. Es geht darum, Unfälle zu reduzieren und damit Leid und Tote zu verhindern.

Pensionistin am Steuer ihres Autos
Einige EU-Abgeordnete wollten verpflichtende Gesundheits-Checks alle 15 Jahre zur Erneuerung des Führerscheins einführen – allerdings für alle, nicht nur für Seniorinnen und Senioren. Das Vorhaben ist im Februar gescheitert.
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Der Istzustand sieht so aus: Jeder, der einmal den Führerschein gemacht hat, kann in Österreich Auto fahren, solange er will. Oft werden Familien und Freunde der betagten Lenker mit dem Thema alleingelassen. Natürlich sind viele ältere Menschen gerade auf dem Land auf ihr Auto angewiesen – weshalb etwaige Maßnahmen auch keinesfalls überschießend sein dürfen.

Nichtstun ist keine Lösung

ÖVP, SPÖ und FPÖ schmettern jegliche Änderungen für hochbetagte Autofahrer aber mit der Begründung "Keine Diskriminierung!" ab. Dabei gibt es nun einmal signifikante Unterschiede zwischen Autofahrern im mittleren und im weit fortgeschrittenen Alter. Gewisse Regeln wären also sachlich gerechtfertigt.

Die meisten Unfälle pro Kilometer haben Pkw-Lenker zwischen 17 und 24 sowie ab 75 Jahren. Bei Jungen macht der Gesetzgeber sehr wohl Unterschiede. Für junge Leute mit Probeführerschein gilt eine Alkoholgrenze von 0,1 Promille, und für L17-Absolventen bleibt diese Grenze jedenfalls bis zum 21. Geburtstag. Bei den ganz Jungen geht die Unterscheidung also. Fürchten die Parteien vielleicht eher um die große Wählergruppe der Senioren?

Was wäre nun eine Verbesserung? Italien, Portugal oder die Schweiz haben Gesundheits-Checks zur Erneuerung des Führerscheins. Spricht man mit Verkehrsexperten, wären diese aber auch nicht die perfekte Lösung. Mindestens so wichtig für das Autofahren wie medizinische Ergebnisse sind kognitive Leistungen, etwa wie schnell man in komplexen Situationen reagiert. Medizinische in Verbindung mit psychologischen Tests für alle Senioren wären, abseits des politischen Widerstands, wohl zu aufwendig und kostspielig.

Alle paar Jahre eine Rückmeldefahrt

Experten wie der deutsche Unfallforscher Siegfried Brockmann raten deshalb zum Konzept der Rückmeldefahrten, um Senioren zu sichereren Autofahrern zu machen. Führerscheinbesitzer würden ab einem bestimmten Alter alle paar Jahre zu einer Übungsfahrt mit einem speziell dafür geschulten Fahrlehrer verpflichtet werden. Die Erkenntnisse der Fahrt würden nach dem Konzept nicht an die Behörden gehen, sondern vertraulich bleiben. Es gäbe keinen Prüfungsdruck – sondern Bewusstseinsbildung, wie man fährt und ob man noch fahren sollte.

Weil die körperliche Konstitution nachlässt, ist in Unfallstatistiken übrigens auch der Anteil der Schwerverletzten und Todesopfer bei Seniorinnen und Senioren deutlich höher. Verpflichtende Feedbackfahrten für hochbetagte Fahrer, wenn auch ohne Sanktionen, würden die Straßen wohl sicherer machen – auch für die Senioren selbst. (Lukas Kapeller, 26.3.2024)