Deutschlands Kanzler Olaf Scholz schüttelt bei seiner Ankunft am Flughafen in Chongqing dem chinesischen Botschafter in Deutschland Wu Ken neben dem Vizebürgermeister von Chongqing, Zhang Guozhi, die Hand.
Auf heikler Mission: Bei seinem Aufenthalt in China muss Deutschlands Kanzler Olaf Scholz viele Themen ansprechen. Der Wettbewerb mit der EU, Menschenrechte und die Haltung Chinas zu Russland stehen auf der Agenda.
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Die Agenda, die der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner China-Reise im Gepäck hat, ist heikel. Die Stimmung will man sich mit China nicht verderben. Den Wettbewerb in der EU durch chinesische Billiganbieter will man aber auch nicht wirklich haben. Vor allem im Bereich der grünen Transformation werden Anbieter aus China zur Konkurrenz. Das behagt der EU freilich nicht, sie will die Subventionspolitik der chinesischen Regierung prüfen. Dann gilt es noch, die Menschenrechte und Chinas Haltung zu Russland anzusprechen.

Es klingt also alles nach Kompromiss, und so lesen sich auch die Aussagen. Der deutsche Kanzler hat sich zwar für offene Automärkte in Europa auch für chinesische Unternehmen ausgesprochen, zugleich aber einen fairen Wettbewerb eingemahnt. Es soll also kein Dumping geben, keine Überproduktion und keine Beeinträchtigung bei Urheberrechten. Und das möglichst ohne Konflikte, denn Europa braucht China ebenso als Absatzmarkt und als Ort für Produktionsstätten.

Keine Angst vor Konkurrenz

"Wir möchten natürlich, dass unsere Unternehmen keine Beschränkungen haben. Aber umgekehrt verhalten wir uns genauso, wie wir es hier vorhaben", sagte Scholz in Schanghai bei einer Diskussion mit Studenten der Tongji-Universität mit Blick auf deutschen Widerstand gegen protektionistische Tendenzen in Europa. Man müsse vor ausländischer Konkurrenz keine Angst haben. Als japanische und südkoreanische Autos auf den deutschen Markt gekommen seien, habe man gesagt, dass diese den ganzen Markt erobern würden. "Quatsch! Es gibt jetzt japanische Autos in Deutschland und deutsche Autos in Japan", sagte er. "Und das Gleiche gilt für China und Deutschland."

Hintergrund dieser Debatte sind Anti-Dumping-Untersuchungen der EU-Kommission gegen China etwa im Bereich von E-Autos und Komponenten für erneuerbare Energie. Scholz erwähnte diese nicht, verurteilte Dumping aber. Es sei falsch, etwas mit Verlust zu verkaufen, das führe am Ende dazu, dass man Güter nicht auf die effizienteste Weise produziere. "Und deshalb muss es so ein bisschen eine Korrektur geben über Märkte, die dazu führt, dass man nur Sachen herstellt, die sich auch vernünftig rechnen", fügte der SPD-Politiker hinzu.

Nicht vor Nachbarn fürchten

Scholz mahnte China zugleich indirekt, seine Nachbarn nicht zu bedrohen. "Die Welt funktioniert, wenn wir ein paar Prinzipien alle gemeinsam haben", sagte er. "Eines dieser Prinzipien ist, dass man sich vor seinen Nachbarn nicht fürchten muss. Wenn unser Nachbar ein großer, starker, muskulöser Mensch ist, dann wollen wir immer sagen, guten Tag, und sicher sein, dass er uns niemals was tut", sagte er in Anspielung etwa auf die Spannungen und Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer. Das Gleiche gelte auch zwischen den Staaten, dass die kleinen Länder sich nicht vor den großen fürchten müssten "und dass man sich überhaupt nicht voreinander fürchten muss", so Scholz. Dafür legten die Vereinten Nationen wichtige Prinzipien fest. "Grenzen dürfen mit Gewalt nicht verschoben werden. Das ist der zentrale Punkt." Scholz kritisierte, dass sich Russland nicht an dieses Prinzip halte.

Der deutsche Kanzler will sich bei der chinesischen Führung dafür einsetzen, dass sie die Unterstützung für Russland etwa durch die Lieferung von Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, beendet und in Moskau auf einen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine drängt.

Scholz hofft zudem auf einen stärkeren Wissenschaftsaustausch mit China. Man brauche diesen Austausch. Während der Corona-Zeit hätten die Kontakte deutlich abgenommen, was nicht gut sei. "Aber nun ist es wieder anders. Insofern hoffe ich, dass die Gespräche wieder zunehmen, die wechselseitigen Besuche auch", sagte Scholz am zweiten Tag seiner dreitägigen China-Reise. (Reuters, bpf, 15.4.2024)