Das Bild zeigt einen Mercedes EQS
Mercedes versucht die Stromlimousine EQS aufzupolieren, weil die Verkaufszahlen deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.
EPA

Dass bestimmte E-Autos von Mercedes derzeit zu den besten Vertretern ihrer Art zählen, gilt als unbestritten. Wird in Fachmagazinen die technische Überlegenheit in vielen Aspekten hervorgehoben, unter anderem auch bei der vieldiskutierten Reichweite, so haben die Fahrzeuge ein entscheidendes Problem: Sie verkaufen sich bei weitem nicht so gut, wie man sich das beim traditionsreichen Fahrzeughersteller erhofft hat. Insbesondere soll das für Modelle wie die prestigeträchtige EQS-Limousine gelten.

Dass sich "Normalsterbliche" kein Fahrzeug leisten können, das bei einem Listenpreis von 117.000 Euro beginnt, ist naheliegend. Tatsächlich scheint Mercedes aber mit der Situation konfrontiert zu sein, dass auch die gut betuchte Klientel sich (oder ihren Chauffeur) lieber hinter ein Steuer ohne Sternen-Emblem setzt. Das "Handelsblatt" berichtet gar von "gefloppten E-Autos" und verweist auf Zahlen, wonach im vergangenen Jahr mindestens 170.000 E-Neufahrzeuge weniger verkauft worden seien als ursprünglich geplant.

Sorgenkind EQS

Und auch die Auslieferungen im Jahr 2024 sollen im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent geschrumpft sein. Beim EQS kämpfe man schon länger damit, dass die Limousine hinter den Erwartungen zurückbleibt. Hatte man mit einem jährlichen Absatz von 50.000 Einheiten kalkuliert, sei das Fahrzeug auf den wichtigsten Märkten der Welt bei den Verkaufszahlen deutlich unter der Grenze von 20.000 Stück geblieben.

Als Reaktion darauf hat Mercedes eine Überarbeitung der Modelle EQS und EQE sowie bei den Geländewagen EQS SUV und EQE SUV angekündigt, die Ende April beginnen soll. Die Aktualisierungen umfassen technische Verbesserungen wie beispielsweise größere Batterien, die eine Erhöhung der Reichweite um mehr als elf Prozent ermöglichen sollen.

Aber auch Details des in manchen Märkten umstrittenen Designs werden leicht abgeändert – so wird der EQS einen anderen Kühlergrill und als Option einen prominenten Mercedes-Stern auf der Motorhaube erhalten, um das Modell optisch aufzuwerten. Ob diese Maßnahmen wirklich ausreichen, um die Verkaufszahlen anzukurbeln, darf allerdings bezweifelt werden. Dessen dürfte sich auch der eine oder andere Mitarbeiter bei Mercedes bewusst sein: "Wir sind ziemlich ratlos", wird eine Mercedes-Führungskraft vom "Handelsblatt" zitiert.

Problemfaktor Fernost

Dass es so weit gekommen ist, lässt sich aus zweierlei Hinsicht auf asiatischen Ursprung zurückführen. Zum einen – und das gilt für alle westlichen Fahrzeughersteller – dürfte die Konkurrenz und somit der Preisdruck durch chinesische Fahrzeuge auf den heimischen Märkten weiter zunehmen. Der Marktanteil von Elektroautos aus China soll in Deutschland in den ersten drei Monaten des Jahres auf zehn Prozent gestiegen sein. Hinzu kommt, dass die derzeit generell schwache Nachfrage nach E-Autos zu beträchtlichen Überkapazitäten und Staus in Europas Häfen führt, wie die "Automobilwoche" berichtet.

Zum anderen ist Mercedes in Fernost mit einem Marktanteil von 0,6 Prozent praktisch kaum vertreten. Im wichtigsten Automarkt blieb man nach Modellwechseln und Problemen in der dortigen Lieferkette um zwölf Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück. Aber auch die spezifischen Vorlieben der Kundschaft, die etwa dem stromlinienförmigen Design des EQS nur wenig abgewinnen kann, trugen nicht unbedingt zur Verbesserung der Situation bei.

Ernsthafte Sorgen muss man sich um Mercedes deshalb aber nicht machen. Laut einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY erreichten Umsatz und Gewinn der größten Autohersteller der Welt im Vorjahr neue Rekordwerte: Und mit einer Marge von 12,8 Prozent entpuppte sich Mercedes vor allen anderen Mitbewerbern immer noch als profitabelster Autokonzern der Welt. (bbr, 17.4.2024)