Innenminister Gerhard Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler
Innenminister Gerhard Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) bei einer Pressekonferenz Anfang März.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die ÖVP bleibt bei ihrer Forderung, die Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre zu senken. Das haben Innenminister Gerhard Karner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Freitag verkündet. Vor dem Hintergrund eines Missbrauchsfalls um eine Zwölfjährige, die über Monate von 18 teils strafunmündigen Burschen missbraucht wurde, wurde ein Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Jugendkriminalität vorgelegt.

Dieser "grausame Fall" habe gezeigt, "dass wir im System etwas ändern müssen", betonte Karner. Es gehe nicht darum, "Kinder ins Gefängnis zu bekommen", hielt Edtstadler fest, aber es seien durchsetzbare Konsequenzen im Fall schwerer Straftaten nötig.

Video: ÖVP will Strafmündigkeit auf zwölf Jahre senken.
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Eltern sollen bei Polizei vorstellig werden

Insgesamt drei geplante Maßnahmen wurden vorgestellt. Neben der Senkung der Strafmündigkeit sollen im Rahmen einer neu einzuführenden "polizeilichen Regelbelehrung" auch Eltern "deutlich stärker zur Verantwortung gezogen werden", wie der Innenminister ausführte: Kinder und Jugendliche werden nach bestimmten Straftaten verpflichtend und in Begleitung der Eltern von der Polizei vorgeladen. "Das gibt es so noch nicht", sagte Karner. Ziel sei die Aufklärung über Folgen und Konsequenzen der Tat. Die Teilnahme sei verpflichtend vorgesehen, und Verstöße sollen mit Sanktionen belegt werden können, etwa "Geldstrafen für Eltern, die nicht teilnehmen".

Weiters sollen sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen etwa bei schwerwiegenden Gewaltdelikten und für "minderjährige Mehrfachtäter" eingeführt werden. Hier gehe es um besonders schwere Taten wie Vergewaltigung oder bewaffneten Raub und "Intensivtäter", so Karner.

Dazu will die ÖVP laut Karner die "Gespräche mit dem Justizministerium intensivieren". Dessen Ressortchefin Alma Zadić (Grüne) hatte sich zuletzt bereits ablehnend gezeigt. Er sei "unverbesserlicher Optimist, und daher bin ich überzeugt, dass sich am Ende das Richtige und das Vernünftige auch durchsetzen wird", sagte der Innenminister.

"Nicht nur Freiwilligkeit"

Die interministerielle Arbeitsgruppe habe ihre ersten Empfehlungen mit dem Ziel erarbeitet, "Kinder zu schützen, Jugendliche zu erziehen und Gewalttäter zu bestrafen", sagte der Innenminister. "Es gibt keine Einzelmaßnahme, die alles verändert", betonte er. Vielmehr seien viele Dinge nötig, und es könne nicht nur um Freiwilligkeit und unterstützende Angebote gehen, sondern auch um durchsetzbare Konsequenzen und Sanktionen.

Die neu gegründete Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität, die vor einem Monat ihre Arbeit aufgenommen hat, habe bisher 366 Anzeigen erstellt, davon 259 gegen Minderjährige, und 13 Festnahmen durchgeführt, davon neun gegen Minderjährige, berichtete Karner.

Geplant sind weiters ambulante und stationäre Orientierungshilfen für unmündige Straftäter nach dem Vorbild der Bewährungshilfe sowie eine gesetzliche Pflicht zum Aufenthalt in Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger unter Berücksichtigung des Schutzes der persönlichen Freiheit, wurde erläutert. Anlaufstellen und Hilfsangebote sowie bestehende Maßnahmen zur Integration sollen ausgebaut werden.

FPÖ ortet "freiheitliche Forderung"

"Erst im März hatte die ÖVP die Möglichkeit gehabt, mit ihrer Zustimmung zu den freiheitlichen Anträgen eine Senkung der Strafmündigkeit umzusetzen, mit dem Ergebnis, dass die Abgeordneten der ÖVP zweimal dagegen gestimmt haben", kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung. Die Idee sei eine langjährige freiheitliche Forderung.

"Kinder einzusperren ist kein taugliches Instrument", reagierte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung. Es gebe keine Experten, die das Einsperren von Unter-14-jährigen für eine passende Maßnahme halten. "Ziel muss aber sein, Täterkarrieren zu stoppen", forderte sie die Wiedereinführung des Jugendgerichtshofs sowie engmaschige Betreuung in Wohngemeinschaften für Zwölf- bis 14-Jährige. Die Neos wollen Maßnahmen wie gerichtlich angeordnete Antigewalttrainings oder eine Verpflichtung zu sozialer Arbeit mit entsprechender Sanktionierung der Eltern, wenn die Kinder dieser Verpflichtung nicht nachkommen, unterstützen.

Ablehnung kam auch von der Bundesjugendvertretung: "Eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre ist eine Verletzung der Kinderrechte. Statt härterer Strafen braucht es eine Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe und einen Ausbau der Jugendarbeit, damit Kinder erst gar nicht in den Konflikt mit dem Gesetz kommen", hieß es in einem Statement gegenüber der APA. (APA, red, 19.4.2024)