Lang, lang ist's her: Wer erinnert sich noch an Mary, die Hochzeitsplanerin im Film "Wedding Planner"?
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Nicht lange nachdem Jennifer Lopez als hoffnungslos romantische Hochzeitsplanerin Mary in einer Liebesschnulze Anfang des Jahrtausends ihr Glück gefunden hatte, gründete Bianca Lehrner eine der ersten Agenturen für Hochzeitsplanung Österreichs. Das war 2003, später wuchs ihr Unternehmen zu einem der größten seiner Art hierzulande heran. Als Wedding-Planner war Lehrner jahrelang die "eierlegende Wollmilchsau" für Paare, die sich trauen wollen. Location suchen, Fotograf organisieren, Redner anfragen, DJs buchen, Preise ausschnapsen, Stylisten finden – all das gehörte zu ihren Aufgaben. Nicht zu vergessen der große Tag selbst, an dem sie Kontrolle und Überblick nie verlieren durfte. Mit Ende vergangenen Jahres hat sie den Beruf aufgegeben und sich neu orientiert. Für uns wirft sie aber nochmal einen schonungslosen Blick auf ihre frühere Tätigkeit und packt einige skurrile Geschichten aus.

STANDARD: Warum haben Sie das Hochzeitsplanen an den Nagel gehängt?

Lehrner: Ich habe das lange leidenschaftlich gemacht und hatte das Gefühl, dass es keinen schöneren Job auf der Welt gibt. Corona hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen, und auch sonst haben mich ein paar Aspekte genervt.

STANDARD: Welche Dinge waren das?

Lehrner: Oft hatte ich das Gefühl, dass sich die Motivation zum Heiraten verschiebt. Die Sache, um die es eigentlich geht – zwei Menschen, die sich lieben – trat immer mehr in den Hintergrund. Vielen ging es darum, ein perfektes Event zu inszenieren. Die Paare haben besprochen, was es auf anderen Hochzeiten gab, und dass die eigene besser werden muss. Viele verlieren sich in der Perfektion. Gegen Ende habe ich oft die Emotionen vermisst. Eine Hochzeit, auf der nicht geweint wird, fühlt sich falsch an.

STANDARD: Wie versuchen Paare, andere zu übertrumpfen?

Lehrner: Da geht es um Details. Die einen hatten eine Fotobox, dann musste eine 3D-Videobox her. Die einen hatten Sekt, dann musste es Champagner sein.

STANDARD: Haben Sie auf selbstgeplanten Hochzeiten geweint?

Lehrner: Natürlich. Aber es hat auch Feste gegeben, auf denen ich nichts gespürt habe. Da war oft auch die Wahl der Gäste unpassend.

STANDARD: Wer stand dort auf der Gästeliste?

Lehrner: Geschäftspartner. Da wurde während der Feier noch übers Geschäft geredet. Vielleicht bin ich da zu traditionell, aber das ist für mich fehl am Platz. Für mich gehört die Hochzeit Freunden und Familie.

STANDARD: Man hört, manche Dienstleisterinnen wie Floristen oder Stylisten verlangen saftige Preisaufschläge, nur weil es um eine Hochzeit geht. Stimmt das?

Lehrner: Ja, das passiert, man darf aber nicht alle unter Generalverdacht stellen. Eine gute Hochzeitsplanerin sortiert solche gleich aus. Ich erinnere mich an eine Stylistin, die für ein Braut-Make-up grundlos mehr verlangte und einen Gastronomen, bei dem der Preis fürs Hochzeitsmenü höher war als das, was die einzelnen Speisen zusammengerechnet gekostet hätten. Das lässt sich nicht argumentieren.

STANDARD: Welche war die exklusivste Hochzeit, die Sie geplant haben?

Lehrner: Eine Feier im Falkensteiner Schlosshotel in Velden vor drei Jahren. Die hat um die 120.000 Euro gekostet. Noch mehr ist mir da aber in Erinnerung geblieben, wie wertschätzend und liebevoll das Brautpaar miteinander umgegangen ist.

STANDARD: Wie kommen diese Kosten zustande?

Lehrner: Der Bräutigam wollte einfach eine Traumhochzeit für seine Prinzessin und hat keine Kosten und Mühen gescheut. Gäste waren nur gut 100 eingeladen. Allein der Blumenschmuck war ihm aber 15.000 Euro wert. Es war wirklich ein Blumenmeer. Es riesiger Gospelchor hat gesungen, und es gab ein Feuerwerk über dem Wörthersee. Außerdem hatten die zwei viel Liebe zum Detail. Die Gäste wurden im Hotelzimmer mit personalisierten Kärtchen und Kärntner Schmankerln empfangen.

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Hochzeitsplanerin Bianca Lehrner ärgert es, wenn Gäste aus absurden Gründen absagen. Hochzeiten würden oft zeigen, wer die richtigen Freunde sind.
privat

STANDARD: Können Hochzeitsvorbereitungen ein Beziehungstest sein?

Lehrner: Oh ja. Viele streiten bei der Organisation wegen Lappalien. Ein Paar, das nach 30 gemeinsamen Jahren heiraten wollte, hat noch in der Planungsphase die Reißleine gezogen, weil sie erkannt haben: Wenn wir weitermachen, trennen wir uns.

STANDARD: Hat schon einmal jemand am großen Tag kalte Füße bekommen?

Lehrner: Ja, leider. Bei einer Hochzeit ist der Bräutigam nicht aufgetaucht. Er hätte direkt zur Kirche kommen sollen, wo seine Verlobte schon im Kleid gewartet hat, aber er kam nicht. Es war furchtbar.

STANDARD: Und dann?

Lehrner: Na ja, dann hat der Tag ohne Bräutigam stattgefunden. Es war alles vorbereitet, die Braut wollte es so. Die Stimmung glich aber eher einer Beerdigung. Ein paar Monate später wäre dasselbe fast schon wieder passiert.

STANDARD: Schon wieder ein abtrünniger Bräutigam?

Lehrner: Diesmal war es die Braut. Momente vor der Trauung hat sie mir am Eingang zum Saal gesagt, sie will doch nicht. Der Bräutigam hat schon gewartet, die Gäste waren versammelt. Da habe ich mir gedacht: Nein, ich will diese Demütigung für diesen armen Mann einfach nicht. Ich habe ihr den Strauß in die Hand gedrückt, die Tür aufgemacht, sie sanft hineingeschoben und gesagt: Du gehst jetzt.

STANDARD: Sind sie noch zusammen?

Lehrner: Nein, sie haben sich am erstmöglichen Tag scheiden lassen. Ich bereue es aber nicht. Der Zeitpunkt war einfach zu spät für einen Rückzieher. Am Morgen der Hochzeit ist das was anderes. Dann sage ich alles ab. Keiner kommt, keiner macht sich fesch. Ab einem gewissen Punkt muss ich es durchziehen. Zum Glück passiert das nicht oft. Viel mehr hat mich aber die Unverbindlichkeit genervt, die manche Gäste an den Tag legen.

STANDARD: Was meinen Sie damit?

Lehrner: Vor kurzem habe ich im Radio gehört, dass diskutiert wurde, ob es denn okay sei, statt auf die Hochzeit einer Freundin auf ein Peter-Maffay-Konzert zu gehen. Das klingt absurd, erinnert mich aber ans Verhalten mancher Gäste. Bei Hochzeiten stellt sich heraus, wer die wahren Freunde des Brautpaares sind. Teilweise sind ganze Tische ausgefallen, weil Leute am Tag der Feier aus den wildesten Gründen abgesagt haben, zum Beispiel weil sie lieber mit den Kindern ins Bad gehen wollten. Das ist verletzend.

STANDARD: Wann finden Sie eine Hochzeit gelungen?

Lehrner: Wenn der Ablauf rund ist, die Gäste wissen, was als Nächstes passiert und nicht ewig herumstehen. Außerdem muss es immer genug zu essen und zu trinken geben. Musik trägt auch maßgeblich zur Stimmung bei. Ich habe die Brautpaare immer in die Pflicht genommen, sich viel unter die Leute zu mischen und sich auf der Tanzfläche blicken zu lassen.

STANDARD: Welche Extras sind abgedroschen?

Lehrner: Fotoboxen finde ich mittlerweile echt fad. Manche Lieder, wie Perfect von Ed Sheeran oder The Rose von Bette Midler, spielen sich mit der Zeit auch tot.

STANDARD: Was war der außergewöhnlichste Wunsch eines Brautpaares?

Lehrner: Ein Affe als Ringträger.

STANDARD: Hat das geklappt?

Lehrner: Leider ist es am Pfarrer gescheitert. Grundsätzlich hätte ich fast alles organisieren können, das bezahlbar ist, aber ein Affe in der Kirche geht einfach nicht. Nur wenige Geistliche erlauben Tiere bei der Trauung. Ich hatte schon einen Hund und eine Katze als Ringträger. Das ist aber etwas anderes, Haustiere sind ja quasi Familienmitglieder. Aber die wollten einen Affen, den ich aus dem Zirkus holen sollte.

STANDARD: Hat die Katze gemacht, was sie soll?

Lehrner: Na ja, eigentlich war sie es gewohnt, dass sie angeleint spazieren geführt wird. Nur bei mir hat sie keinen Schritt gemacht. Das mit den Ringen haben wir dann schon irgendwie geschafft. Bei den Gratulationen nach der Trauung stehe ich normalerweise immer hinter dem Brautpaar und nehme ihnen die Geschenke ab. Dieses Mal konnte ich das nicht, weil ich mich ja um die Katze kümmern musste. Also bin ich mit der Mieze, die auch ziemlich mächtig war, danebengestanden. Zum Glück war meine Kollegin da.

STANDARD: Immer mehr Brautpaare stellen Regeln für ihre Feier auf. Kein Fleisch, kein Alkohol, keine Kinder. Finden Sie das okay?

Lehrner: Anfangs war ich skeptisch. Heute unterstütze ich solche Entscheidungen zu 100 Prozent. Die Hochzeit soll für das Brautpaar möglichst kompromisslos sein. Wenn ich Alkohol oder Fleisch ablehne, warum soll es dann Teil meiner Feier sein, für die ich bezahle? Wenn ich keine Kinder auf meiner Hochzeit will, weil ich möchte, dass lange und ausgiebig Party gemacht wird, ist das auch legitim. Ich muss halt damit rechnen, dass manche Gäste nicht kommen. Beleidigt sein sollte man deswegen nicht. Die Regeln macht eben das Brautpaar. Ich habe sogar Hochzeiten mit Handy- oder Fotoverbot betreut.

STANDARD: Wie das?

Lehrner: Auf einer Hochzeit gab es einen prominenten Gast, den Prinz von Bahrain, der nicht auf Fotos sein wollte. Wir haben die Handys eingesammelt, beim Gehen konnte man sie wieder abholen. Das war super entspannt. Immer weniger Paare wollen, dass unkontrolliert geknipst und gepostet wird.

STANDARD: Ist es nicht gut, wenn die Gäste den Tag festhalten wollen?

Lehrner: Na ja, ich habe schon Einzüge erlebt, bei denen man die Braut vor lauter Handys kaum gesehen hat. Das ist überflüssig, immerhin gibt es ja einen Fotografen. Ich finde es auch unangebracht, wenn schon etwas gepostet wird, bevor die zwei Ja zueinander gesagt haben.

STANDARD: Sie sind kein Social-Media-Fan?

Lehrner: Ehrlich gesagt hat mich gerade Instagram bei meiner Arbeit genervt. Paare sind zu mir gekommen und wollten, dass ihre Feier genau aussieht wie auf irgendeinem Bild. Dabei waren das oft nicht mal Fotos von realen Hochzeiten. Ein schlicht eingedeckter Tisch mit nur Messer und Gabel? Das ist für ein Vier-Gänge-Menü, wie sie es wollten, nicht realistisch. Das haben viele nicht so recht verstehen wollen.

STANDARD: Über welche Hochzeit schmunzeln Sie im Nachhinein?

Lehrner: Es gab einmal ein Paar, das wollte überall, also wirklich überall, sein Hochzeitslogo draufhaben.

STANDARD: Kamen die beiden aus dem Marketing?

Lehrner: Nein, lustigerweise nicht. Aber das Logo war überall. Auf der Torte, auf den Wasserflaschen, auf den Luftballons, auf den Kärtchen an den Luftballons, auf den Schokolinsen, auf den Kulis. Wir haben die Bar damit beklebt, Schablonen für den Kaffeeschaum bestellt, die Fassade damit beleuchten lassen, Logo-Schlapfen für müde Füße besorgt. Und sogar die Papierhandtücher auf der Toilette gegen solche mit Logo getauscht. Es war absurd. Und teuer. Das Budget lag im sechsstelligen Bereich.

STANDARD: Wie haben die Gäste reagiert?

Lehrner: Sie haben sich darüber amüsiert. Es hat ja auch ausgeschaut wie eine astreine Werbeveranstaltung. Seither bin ich mir sicher: Weniger ist oft mehr.

(Nina Schrott, 1.5.2024)