Ein Bett in einer Notunterkunft
Auch berufstätige Menschen brauchen immer öfter ein Bett in einer Notunterkunft. In Salzburg hat jeder dritte Wohnungslose einen Job.
IMAGO/Christian Ditsch

Immer mehr Menschen in Salzburg sind berufstätig und können sich trotzdem kein eigenes Zuhause leisten. Sie gehen einer Arbeit nach und verbringen ihren Feierabend in einer Notunterkunft. Wie die aktuelle Wohnbedarfserhebung in Salzburg zeigt, bezieht ein Drittel aller als wohnungslos erfassten Personen ein Einkommen aus einer unselbstständigen Arbeit.

"Die Wohnkosten in Salzburg belasten auch erwerbstätige Menschen massiv, selbst bei der unteren Mittelschicht werden einer Studie zufolge bis zu über 40 Prozent des Haushaltseinkommens nur für die Wohnkosten aufgewandt", sagt Petra Geschwendtner vom Forum Wohnungslosenhilfe. In dem Forum haben sich Einrichtungen aus dem Sozialbereich, die mit wohnungslosen Menschen zu tun haben, zusammengeschlossen. Neben dem gößten Anteil der Berufstätigen bezogen 23 Prozent der Menschen eine AMS-Leistung und 14 Prozent eine Pension. 16 Prozent der Betroffenen benötigten Sozialunterstützung, nur 14 Prozent verfügten über kein Einkommen.

Zu wenig Lohn zum Wohnen

Das Phänomen der sogenannten Working Homeless ist weltweit auf dem Vormarsch. In Deutschland, wo die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe jedes Jahr Zahlen zu Wohnungslosen erhebt, steigt seit Jahren der Anteil der Menschen, die trotz Arbeit keine Wohnung haben. Zwischen 2007 und 2017 hat sich ihr Anteil auf 9,4 Prozent verdoppelt. Mittlerweile liegt der Anteil der Wohnungslosen mit Arbeit in Deutschland bei zwölf Prozent. Und auch in Südtirol berichten Einrichtungen für Wohnungslose, dass ein Viertel der Bewohner Arbeiter sind. Für die USA gehen Studien sogar davon aus, dass mehr als die Hälfte der Wohnungslosen einen Job haben.

Doch warum steigt die Zahl der Menschen, die sich trotz Arbeit keine Wohnung leisten können? Eine britische Studie aus dem Jahr 2019 hat die Ursachen untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass einerseits teils banale Zwischenfälle auf der individuellen Ebene wie unvorhergesehene Ausgaben und andererseits komplexe volkswirtschaftliche Zusammenhänge dazu führen können. So habe sich der finanzielle Druck in der Unterschicht bereits auf weite Teile der Mittelschicht ausgeweitet. Die betroffenen Menschen sind sogenannte Working Poor und kommen mit ihrem Einkommen alleine nicht mehr über die Runden. Der Hauptgrund dafür sind die steigenden Lebenshaltungskosten bei nicht angemessen steigendem Lohnniveau. Dazu kommt noch der angespannte Wohnungsmarkt.

Rückgang auf hohem Niveau

Zurück nach Salzburg: Dort ist die Zahl der Menschen, die von Wohnungsnot betroffen sind, insgesamt zurückgegangen. Im Oktober 2023 waren 1288 Personen wohnungslos, 253 davon waren akut. Betroffen waren 698 Männer, 329 Frauen und 246 Minderjährige. Wie immer in diesem Bereich ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Denn die Daten erfassen nur Menschen, die sich in einer Sozialeinrichtung in Salzburg Hilfe gesucht haben. Zusätzlich seien viele Menschen aus Scham verdeckt wohnungslos. Im Vorjahr waren noch 1557 Personen von Wohnungsnot betroffen – damit wurde der höchste Wert seit 2017 erreicht. "Wir beobachten zwar, dass sich die Anzahl der Personen in Wohnungsnot einpendelt, aber auf einem derart hohen Niveau, dass dies nicht als Zeichen der Entwarnung gedeutet werden darf", meint Petra Geschwendtner vom Forum Wohnungslosenhilfe.

In Salzburg wird bereits seit 1994 der Wohnbedarf erhoben – jedoch nicht vom Land selbst, sondern vom Forum Wohnungslosenhilfe. Es erhebt jährlich die Anzahl der Menschen, die entweder obdach- oder wohnungslos sind oder die in ungesicherten und ungenügenden Wohnsituationen leben müssen. (Stefanie Ruep, 3.5.2024)