Wien - Für ein nur neun Seiten langes Gutachten zum Thema "Responsible Gaming" haben die Casinos Austria im Jahr 2006 an die BZÖ-Werbeagentur Orange 300.000 Euro bezahlt. Peter Westenthaler (BZÖ) soll den Deal eingefädelt haben, er wird der Beihilfe zu Untreue und der verbotenen Intervention verdächtigt. Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat die Aufhebung der Immunität Westenthalers beantragt.

Im Juli 2006 soll Westenthaler seinen Mitarbeiter Kurt Lukasek mit dem Gutachten beauftragt haben. Laut Lukaseks Aussagen bei der Staatsanwaltschaft habe der ehemalige BZÖ-Obmann das Papier "für die Casinos gebraucht". Lukasek, bis dahin nicht mit der Materie vertraut, habe das Papier an einem Wochenende mittels Internetrecherche erstellt. Nicht einmal der Leiter der Abteilung "Responsible Gaming" der Casinos Austria hat nach eigenen Angaben von dem Auftrag gewusst.

Illegale Parteienfinanzierung

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, vermutet hinter der Zahlung illegale Parteienfinanzierung. Die Casinos Austria hätten möglicherweise versucht, gezielt die Zustimmung zu günstigen Gesetzesänderungen zu kaufen. Relevant sei dies vor allem im Zusammenhang mit der Regelung des Online-Glücksspiels gewesen, als Gegenstrategie zu den Bemühungen der Novomatic, über Walter Meischberger und Karl-Heinz Grasser Einfluss auf die Gesetzgebung zu erlangen - ebenfalls ein Vorwurf von Pilz, den Grasser mit einer Klage beantwortete.

Die Werbeagentur Orange, an die die Zahlung erfolgte, steht im Alleineigentum des BZÖ. Auch die Staatsanwaltschaft vermutet den Versuch, die Zahlung an die Partei mittels einer Scheinleistung zu verschleiern. Pilz fordert den Rücktritt Westenthalers.

Dieser nennt die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft "skurril" und sieht die Vorwürfe als "die übliche Anpatzerei" des Peter Pilz. Auch Ex-Casinos-Chef Leo Wallner wird von der Staatsanwaltschaft verdächtigt, er wurde bereits einvernommen. (nimo, DER STANDARD, Printausgabe, 8./9.10.2011)