Vorige Woche hat meine Freundin ihr Baby verloren. Es war noch so klein, dass der Schmerz, der ihren Bauch und mit dem Gedanken an das eben Geschehene auch ihr Herz zerrissen hat, das Baby aus ihr herausgerissen hat.

Ein Kind zu haben, das ist ein Wunder, und je mehr wir über Kinder wissen, desto klarer wird uns, dass es eben nur sehr einfach scheint, ein Kind zu bekommen – es in der Realität aber gar nicht ist.

Saugglocke, Dammschnitt, Frühgeburt

Ich kenne kaum Frauen, die eine völlig unkomplizierte Schwangerschaft und eine spontane Geburt hatten. Ich kenne dafür Frauen, die Notkaiserschnitte hatten, die mehrere Tage geburtseinleitende Medikamente nehmen mussten, deren Kinder mit Saugglocken geholt wurden, deren Damm aufgeschnitten wurde, deren Bauch von Narben übersät ist. Ich kenne Frauen, die sich nach Geburten schweren Operationen unterziehen mussten, deren Kinder als Frühgeburten wochenlang in Krankenhäusern umsorgt wurden, deren Babys jahrelang als entwicklungsverzögert gefördert werden mussten.

Wir seligen Frauen in Österreich, wo wir darauf vertrauen können, dass wir medizinisch gut versorgt sind, wo die Menschen in unseren Krankenhäusern jeden Tag das Leben von Müttern und Kindern retten. Und nein, alle Frauen in meinen Beispielen waren in ihren Zwanzigern, als ihnen diese Dinge passiert sind, nicht 50-jährige "Spätgebärende".

Das große Wunder

Ich kann mich auch noch daran erinnern, wie es sich angefühlt hat, als ich meine Kinder geboren habe. Unter großen Komplikationen, unter großen Schmerzen. Es war für mich persönlich nicht schlimm, es war auch nicht traumatisierend – es war das Wunder einer Geburt. Es war ein Wunder, das wir als solches auch verstehen sollten. Und auf uns selbst stolz sein, weil wir dieses Wunder vollbringen können mit unserem Körper. Und obwohl dieses Wunder ein Wunder ist, da gibt es doch viele Frauen, die das nicht erleben wollen – und deren freie Entscheidung das ist. Eine Entscheidung übrigens, die wir weder positiv noch negativ finden sollten, sondern nur als das sehen, was sie ist: die freie Wahl, die wir hatten, uns für Kinder zu entscheiden, und die freie Wahl, die andere haben, dies nicht zu tun oder zu wollen.

Und es ist auch noch immer unser Körper, der eine Schwangerschaft und eine Geburt erlebt, und über den darum nur wir selbst, höchstpersönlich und gänzlich frei bestimmen – straffrei bestimmen vor allem. Auch, wenn wir uns doch gegen eine Schwangerschaft entscheiden.

… und meine kleinen Wunder

An Tagen wie heute denke ich für mich ganz persönlich daran, was für ein Wunder es ist, dass mir dieses Wunder passiert ist. Und wie wunderschön diese meine Wunder sind. Und wie sehr ich sie liebe.

Und ich denke an meine Freundin. Und ihr kleines Wunder. Und ihr zweites Wunder, das nicht auf dieser Welt sein wollte. (Sanna Weisz, 13.11.2016)