Wien – Schon der Name ist ein Auftrag: Reformminister. Um dieser Bezeichnung gerecht zu werden, will Josef Moser (ÖVP) im Herbst nun die in Österreich vermutlich schwierigste Reform überhaupt angehen – und den Föderalismus neu gestalten. Oder in anderen Worten: Er möchte den Ländern Kompetenzen nehmen. Konkret geht es um den Artikel 12 der Bundesverfassung. Moser wünscht sich eine klare Zuordnung jener Bereiche, wo der Bund derzeit "Grundsatzgesetze" erlässt, die dann von den Ländern mit "Ausführungsgesetzen" konkretisiert werden. Details sind nicht bekannt, Gespräche will der Minister nach dem Sommer aufnehmen, doch in den Ländern wächst der Unmut bereits jetzt.

Justizminister Josef Moser (ÖVP) möchte Kompetenzen bereinigen.
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Salzburgs Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) hält beispielsweise wenig von den Plänen, die Spitalsagenden zu zentralisieren. Wenn bei den Krankenhäusern allein der Bund das Sagen habe, bestehe die große Gefahr, dass es noch schwieriger werde, die kleineren Krankenhäuser in den Bezirken aufrechtzuerhalten, erklärt ein Sprecher auf Anfrage des STANDARD. Die vom Minister formulierten Pläne wertet man in Salzburg gar als "Kampfansage" gegen kleine Spitäler.

Die Länder sind über die vom Bund geplante Verfassungsänderung zur Bereinigung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern gesprächsbereit. Gleichzeitig pocht der Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, der Burgenländer Hans Niessl (SPÖ), auf Verhandlungen auf Augenhöhe.
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Wenn von notwendigen Reformen die Rede sei, will Salzburgs Vizelandeshauptmann Stöckl umgekehrt viel mehr den Bund und insbesondere Moser in die Pflicht nehmen: Moser solle endlich die bereits zugesagte Rücknahme der Ärztearbeitszeitregelung angehen. Hier schweige der Reformminister, kritisiert der Landesrat.

Kritik an Kommunikation

Auch aus Kärnten erntet Moser Kritik. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ärgert sich vor allem über die Art der Kommunikation. Eigentlich sei nämlich vereinbart gewesen, dass Punkte wie Spitäler und eine einheitliche Mindestsicherung in einer Arbeitsgruppe diskutiert würden: "Die Regierung fürchtet wohl Verhandlungstische. Das ist auch bei den Sozialpartnern so", sagt Kaiser. Und weiter: "Ich bin es langsam müde, jeden Tag etwas zu lesen, was der Bund wie machen wird, und uns über die Medien ausrichten zu lassen, wie wir Föderalismus leben."

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) missfällt der Stil der Bundesregierung.
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Selbst Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) lässt ausrichten: Sie setze sich zwar "bekannterweise für eine klare Kompetenzverteilung" ein. "Die Ausgestaltung wird aber auf direktem Weg und nicht über die Medien zu entwickeln sein." Das schwarz geführte Oberösterreich gibt sich "diskussionsbereit", es komme aber auf den konkreten Gesetzestext an, erklärt Matthias Stöger, Leiter der Direktion für Soziales und Gesundheit im STANDARD-Gespräch. Vor allem finanzielle Auswirkungen müssten erst besprochen werden.

SPÖ notwendig, aber unwillig

In der SPÖ, ohne die Türkis-Blau im Bundesrat keine Verfassungseingriffe zulasten der Länder beschließen könnte, gibt man sich abwartend. Sinnvollen Vorschlägen verschließe man sich nicht, lautet das offizielle Wording. Hinter vorgehaltener Hand klingt das aber ganz anders: "Wir haben null Vertrauen, dass da etwas Sinnvolles herauskommt. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 0,1 Prozent, auch weil das ohnehin die Westachse in der ÖVP verhindern wird", meint ein Roter, der auch beklagt, dass Moser noch kein einziges Gespräch mit der SPÖ geführt habe. Außerdem gebe es bezüglich der Auflösung von Artikel 12 keine stringente Linie: Das Sozialministerium arbeite gerade an einem Grundsatzgesetz zur Mindestsicherung, während Moser die Grundsatzgesetzgebung beseitigen wolle.

Bereits in Begutachtung waren zwei weitere Punkte des umstrittenen Verfassungsartikels 12: Denn in einem ersten Schritt hat Moser bereits die "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe vorgeschlagen. Auf der anderen Seite sollen die Länder die Möglichkeit der Mitsprache bei der Zusammenlegung von Bezirksgerichten verlieren. Schon dafür hagelte es heftige Kritik. (Katharina Mittelstaedt, Thomas Neuhold, Günther Oswald, 23.7.2018)