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Die Richter am EuGH entscheiden final, wie europäisches Recht auszulegen ist.

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Geht alles gut, wird Andreas Kumin im März die Nachfolge von Maria Berger antreten.

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Für Maria Berger ist nun doch ein Ende in Sicht. Österreichs Richterin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatte zwar bereits der alten rot-schwarzen Regierung mitgeteilt, sich nicht neuerlich für den Topposten in Luxemburg zu bewerben, versieht dort aber bis heute ihren Dienst. Nötig wurde die unfreiwillige Verlängerung der früheren SPÖ-Justizministerin, weil der erste türkis-blaue Vorschlag für ihre Nachfolge, die Linzer Universitätsprofessorin Katharina Pabel, beim EuGH-Hearing im Juni durchfiel und daraufhin ihre Bewerbung zurückzog.

Zweiter Anlauf

Also musste eine neue Ausschreibung her: Als Favorit galt, wie berichtet, zunächst der Arbeits- und Sozialrechtler Franz Marhold. Seine Bewerbung wurde von den Koalitionsparteien, so wird es in Justizkreisen erzählt, zunächst mit Wohlwollen aufgenommen. Letztlich kam er aber nicht zum Zug. Ein kolportierter Grund: Marhold hatte öffentlich deponiert, dass die von ÖVP und FPÖ beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Das soll bei den Regierungsparteien nicht gut angekommen sein. Die Maßnahme führt dazu, dass vor allem osteuropäische Arbeitskräfte eine niedrigere Familienbeihilfe bekommen.

ÖVP und FPÖ haben sich nun auf Andreas Kumin als neuen EuGH-Richterkandidaten verständigt. Am Mittwoch soll ein entsprechender Ministerratsbeschluss gefasst werden. Danach muss noch der Hauptausschuss des Parlaments zustimmen.

Leiter der Europarechtsabteilung im Außenamt

Der 53-jährige gebürtige Steirer leitet seit 2005 die Europarechtsabteilung im Außenamt, ist Professor an der Uni Graz und auch Lehrbeauftragter an der Wirtschaftsuni Wien, der Diplomatischen Akademie sowie der Uni Innsbruck. Er ist also ein ausgewiesener Europarechtsexperte.

Im Gegensatz zu den Regierungsparteien ist aber auch Kumin nicht von der Zulässigkeit der Indexierung der Familienbeihilfe überzeugt. Eine von ihm unterzeichnete Stellungnahme des Außenamtes zum damaligen Gesetzesentwurf war diesbezüglich eindeutig. Der EuGH habe "das Bestreben, die Höhe der Familienleistung für Kinder mit Wohnsitz im Ausland anzupassen, mehrfach (...) abgelehnt", schrieb er am 13. Februar 2018. Verwiesen wurde in dem Schreiben auch auf das "allgemeine Diskriminierungsverbot".

"Irrtümliche" Stellungnahme

Die Stellungnahme fiel aber der türkis-blauen "Message-Control" zum Opfer. Das Außenamt zog sie zurück, weil sie "irrtümlich" zu früh übermittelt worden sei. Die versprochene Neufassung wurde dann aber nie an das Parlament übermittelt.

Kumin wollte sich dazu auf Anfrage nicht mehr äußern. Übersteht er das EuGH-Hearing, wird er sich aller Voraussicht nach aber noch einmal ausführlich mit der österreichischen Familienbeihilfenregelung befassen müssen. Die EU-Kommission hat bereits mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Am Ende könnten also die EuGH-Richter entscheiden. (Günther Oswald, 14.11.2018)