Noch lacht Elon Musk, aber die erste Twitter-Alternative mit Mainstreampotenzial wäre zu diesem Zeitpunkt wohl ein Abwanderungsgrund für viele.
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"Gestern war – laut Elon – mein Datenlimit um 7:51 Uhr verbraucht. Von da an ging nix mehr", schreibt eine österreichische Twitter-Nutzerin Montagfrüh. Damit wird die Drohung von Elon Musk auch im deutschsprachigen Raum Realität, die Nutzung von Twitter für Nichtzahler künftig massiv einzuschränken. Das Netz kocht, aber die wenigsten wissen, wo sie alternativ hingehen sollen.

Frust, aber es fehlen die Alternativen

Als der US-Unternehmer, Tesla-Chef und omnipräsente Selbstdarsteller Elon Musk vor rund acht Monaten den Nachrichtendienst nach diversen Eskapaden tatsächlich kauft, ist der Aufschrei in der Twitter-Bubble groß. Man wolle Alternativen suchen und den Egozentriker nicht mit der eigenen Anwesenheit unterstützen. Viel passiert ist allerdings nicht. Plattformen werden genannt, auf die man wechseln könnte. Mastodon etwa, Bluesky und andere. Tatsächlich steigen die Nutzerinnenzahlen auf Twitter. Auch, weil Musk, nachdem er große Teile des Twitter-Teams entlassen hat, viele gesperrte und umstrittene Personen wie Donald Trump oder Andrew Tate als Verweilzeit-Magneten zurückholt. Auch in dieser Zeit ist der Aufschrei groß, ein Kommentar im STANDARD spricht von "Twitter wird zur Kloake", wirklich abgewandert wird dennoch nicht.

Nicht nur ein Twitter-Nutzer fasst diese ambivalente Stimmung am Montag erneut zusammen: "Dieses Phänomen ist einfach absolut grotesk. Wie oft wollten alle schon von der gruseligen Plattform Twitter weg, sind dann aber doch geblieben?"

Mit den neuen Beschränkungen könnte Musk, der ja offiziell nicht mehr CEO von Twitter ist, die Benutzbarkeit des Services für viele unmöglich gemacht haben. Neben der eingangs erwähnten Nutzerin jammern viele über nicht dargestellte Tweets, es häufen sich Fehlermeldungen wie "Etwas ist schiefgelaufen. Probiere es erneut zu laden".

VIDEO: Rückschau - Elon Musks Twitter-Übernahme.
DER STANDARD

Das Netz lacht

Sofort sind auch Verschwörungstheorien publiziert, etwa dass es sich um "Versicherungsbetrug" handle, was Musk hier macht: "Elon versucht, Twitter zu zerstören, um sich sein Geld von der Versicherung auszahlen zu lassen!" Einige stellen sich die Unterhaltung zwischen Musk und seinen Beratern vor, wie man mehr Werbekunden gewinnen will, gleichzeitig aber ein Leselimit einführt. 

Relevanz in Österreich überschaubar

Am Montag veröffentlicht der deutsche Rivale Mastodon erneut eine Erfolgsmeldung. "Es sieht so aus, als ob die Zahl der aktiven Nutzer von Mastodon in den letzten Tagen um 110.000 gestiegen ist", schreibt Eugen Rochko, der Gründer des deutschen Kurznachrichtendienstes: "Ich würde es vorziehen, wenn Elon Musk seine Internet-Seite während der Arbeitswoche zerstören würde. Dies ist nicht das erste Mal."

Tatsächlich gab es einen solchen Zustrom in Richtung Mastodon schon vor ein paar Monaten – wirklich als Alternative durchgesetzt hat sich der Service aufgrund diverser Probleme allerdings nicht. Für Österreich ist ohnehin die Relevanz von Twitter und möglichen anderen Services dieser Art überschaubar. Rund 200.000 Nutzerinnen aus der Alpenrepublik sind laut Schätzungen aktuell auf Twitter aktiv.

Armin Wolf schweigt – fast

Die Plattform zu verlassen ist selbstverständlich schwierig. Viele der Nutzerinnen haben über Jahre Communitys aufgebaut, Reichweite und natürlich auch ein Netzwerk, das sie täglich konsumieren. Gerade was Trends angeht, hat sich Twitter in den letzten Jahren zu einer wichtigen Austauschzentrale entwickelt. Gut, die Rückholung von Frauenhassern, Rassisten und Nazis wäre eigentlich Grund genug, sich eine Alternative zu suchen, aber offenbar war für viele der Leidensdruck noch ertragbar.

Nun muss man abwarten, wie es weitergeht. Meta arbeitet bekanntermaßen an einem direkten Konkurrenten, schweigt sich allerdings noch über ein mögliches Veröffentlichungsdatum aus. Dieser Tage wäre sicher ein guter Zeitpunkt, eine solche Alternative auf den Markt zu werfen, speziell, wenn man ein Tech-Riese wie Meta ist. Vor wenigen Stunden ist Musk nämlich schon wieder ein wenig zurückgerudert und hat die zunächst kommunizierten 600 anzeigbaren Tweets auf 1.000 erhöht.

Und was sagt Österreichs Twitter-König Armin Wolf? Dieser gab in den letzten zwei Tagen kein Kommentar zur Causa ab, obwohl er mit knapp 600.000 Followern die größte Reichweite im Land hat. Seine einzige Reaktion bisher war ein Retweet seines Kollegen Thomas Langpaul. Dieser schrieb am Samstag: "Haha! Twitter wird rationiert! Starke DDR vibes…". (aam, 3.7.2023)