Eine Plattform für Entdeckungen, aber auch ein Pool bereits bekannter Choreografen wie etwa Mia Lawrence oder Arco Renz. Auch die Österreicherinnen Milli Bitterli und Saskia Hölbling sind mit Stücken vertreten. Ein Streifzug durch die acht im Museumsquartier, Halle G und E (MQ) und im Kasino am Schwarzenbergplatz präsentierten Programme: "Mirth" heißt die neueste Arbeit des deutschen Choreografen Arco Renz und seiner Truppe Kobalt Works, eine abstrakte Komposition für vier Tänzer, bestehend aus vier Tableaux, die um das Thema "Fortschreiten" kreisen. Mit im Team: Die Videokünstlerin Anna Saup, deren Lichtsequenzen die rhythmische Spannung des Stücks unterstreichen. Renz studierte bei Anne Teresa De Keersmaeker und arbeitet immer wieder mit Robert Wilson zusammen. Im MQ am 9. 7. um 21 und am 11. 7. um 22 Uhr Aus Estland stammt Raido Mägi , der in seinem selbst getanzten Solo "Wittingly" über die Cleverness des Körpers nachdenkt - und über die Blicke der Zuschauer, die einen nackten Körper ganz anders als einen bekleideten wahrnehmen. Mägi ist übrigens auch ein Teil von Xavier le Roys Projekt E.X.T.E.N.S.I.O.N.S. Im MQ am 9. 7., im Kasino am 30. 7., jeweils 22 Uhr In Wien ist ihr Namen gut eingeführt, sowohl als Interpretin als auch als Choreografin: Milli Bitterli tanzte u.a. bei Lloyd Newson, Meg Stuart oder Willi Dorner, sie trat mit ihrer Truppe artificial horizon mit kleineren choreografischen Arbeiten hervor und zeigte letztens im Tanzquartier ihr Projekt "In bester Gesellschaft". Im Rahmen von [8:tension] gibt es nun die Möglichkeit das technisch äußerst anspruchsvolle Duett "und er ein anderer aus untereinander" zu sehen. Bitterli tanzt in eigener Choreografie gemeinsam mit der jungen Tänzerin Veronika Zott. Im MQ am 11. 7. um 21 und am 13. 7. um 22 Uhr Estland die Zweite: Merle Saarva und Kroot Juurak zeigen zur Musik von Jacques Brel ihre radikale Tanzkunst. In "Camouflage" erzählt eine seltsame, wahnsinnige Fee von ihren Wünschen. Den Zuschauern bleibt nichts anderes als den alogischen Spuren der Fee, dem Ablauf einer Entkleidung, den improvisierten Soli und den Duetten der beiden Performerinnen zu folgen. Ver-sprochen wird "Antiästhetizismus nicht bloß als Attitude". Im MQ am 13. 7., im Kasino am 18. 7., jeweils 21 Uhr Dieser preisgekrönte Name geht einem nicht so einfach von der Zunge: Ariry Andriamoratsiresy stammt aus Madagaskar und verbindet in seinen Choreografien Tai-Chi-Formen mit indischem und afrikanischem Bewegungsmaterial. "Mpirahalahy Mianala", der Titel des in Wien gezeigten Stücks für vier Tänzer, ist ein madagassisches Sprichwort und bedeutet so viel wie "Zwei Brüder gehen auf die Jagd". Was damit gemeint ist: Zusammen hat man mehr Erfolg! Im Kasino am 18. 7.
um 20 und am 22. 7.
um 22 Uhr
Mia Lawrence könnte man sich auch im Hauptprogramm bestens vorstellen. Die renommierte New Yorker Bessie-Award-Preisträgerin und begehrte Tanz-Pädagogin, die lange bei Stephen Petronio tanzte, und in den letzten Jahren mit eigenen Choreografien hervortrat, zeigt im Rahmen von [8:tension] ihr Solo "Under the light, observing". Eine Ballade "über das Trügerische im menschlichen Fühlen und Verhalten". Im Kasino am 22. um 21
und am 25. 7. um 22 Uhr
"Be" ist der schmale Titel der Choreografie von Takiko Iwabuchi , die bei [8.tension] im Doppelpack mit Brice Leroux' "Drum Solo" gezeigt wird. Iwabuchi arbeitet mit Vorliebe mit Schauspielern und gilt als eine der führenden Tanzpersönlichkeiten Japans. Gemeinsam mit ihrer Truppe DTL zeigt sie ein präzise gearbeitetes Zwei-Personen-Verhältnis, in dem sich die Partner jeweils mithilfe simpler Bewegungen kontrollieren. Eine äußerst gefühlsbetonte Arbeit. Die minimalistischen Rhythmen von Steve Reichs "Drumming" sind dagegen Grundlage von Leroux' repetitivem Bewegungsspiel. Der ehemalige Tänzer in Keersmaekers Kompanie Rosas bringt vor einer hellen Stoffbahn den Körper als Umriss in Bewegung. "Drum Solo" ist übrigens das Eröffnungssolo aus dem Stück "Continuum". Im Kasino am 25. um 21
und am 29. 7. um 22 Uhr
Ein Wiedersehen gibt es auch mit der Wienerin Saskia Hölbling und ihrem Ensemble DANS.KIAS. Von der Nachwuchschoreografin hat sich die u.a. an Keersmaekers Schule P.A.R.T.S Ausgebildete mittlerweile zu einer der Österreichischen Vorzeigehoffnungen gemausert. In dem im April erstmals gezeigten Stück für vier Tänzerinnen "other feature" richtet sich der Fokus auf den nackten weiblichen Körper. Der Kommentar des S TANDARD : "Selten ist es gelungen, so ästhetisch und spannend das Auge zu fesseln." Inspiriert wurde Hölbling vom Videokünstler Laurent Goldring, mit dem sie bereits für die Eröffnung des Wiener Tanzquartiers zusammenarbeitete. Im Kasino am 29. und
30. 7. um jeweils 21 Uhr
Teil der Kunstwerke werden auch heuer wieder die Zuschauer der Spättermine. Die Videokünstler der Golden Girls Corp. werden mit bis zu fünf Kameras die Ereignisse auf Band festhalten: Die Aufführungssituation verändert sich, die Grenze zwischen Bühnen- und Zuschauerraum verschiebt sich. Die letztjährigen Ergebnisse werden dieser Tage in den "Kunst-Stücken" gesendet: Isabelle Schad & Ludger Lamers sind am 11., Boyzie Cekwana & Floating Outfit Project am 18., Lilia Maestre & Davis Freeman am 25. Juli und Willi Dorner am 1. August jeweils spätabends im ORF zu sehen. (hil, DER STANDARD, Printausgabe vom 9. Juli 2002)