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Harry Kupfer, Noch-Chefregisseur der Komischen Oper Berlin, im Saal des Hauses

Foto: APA/dpa/Hubert Link
Berlin - Für das Berliner Musikleben geht am Donnerstag eine Ära zu Ende: Mit seiner Inszenierung von Verdis "Traviata" tritt Harry Kupfer 66-jährig als Chefregisseur der Komischen Oper nach 21 Jahren von der Bühne ab. Der Regisseur, der länger als sein Vorgänger und Gründer der Komischen Oper, Walter Felsenstein, das kleinste der drei Berliner Musiktheater leitete, will in Zukunft als freier Künstler arbeiten. Verdis "Otello" in Sydney und Wagners "Ring des Nibelungen" in Barcelona will er in nächster Zeit inszenieren. Zäsur nach "Ostlastigkeit" Für die Komische Oper markiert Kupfers Abgang eine Zäsur. Der neue Chefregisseur Andreas Homoki hat eine Runderneuerung des 1947 gegründeten Hauses angekündigt. Mit einer Modernisierung des Repertoires will Homoki vom Image des eher "ostlastigen" Theaters wegkommen. Kupfer kannte sich im komplizierten deutsch-deutschen Geflecht aus. Als Ostberliner "Mauerspringer" hatte er zwischen beiden Welten vermittelt und an den wichtigsten Musiktheatern von Wien bis Berlin inszeniert. Über die deutsch-deutschen Grenzen hinaus bekannt wurde Kupfer 1978 mit einer Inszenierung des "Fliegenden Holländers" in Bayreuth. Mit seiner psychoanalytisch gefärbten Deutung der Wagner-Oper stieß Kupfer aber auf gemischte Reaktionen. Zehn Jahre später brachte er mit dem Dirigenten Daniel Barenboim den "Ring" an der Wagner-Stätte heraus. Die als Fallstudie aus dem Irrenhaus angelegte Version wurde als "Jahrhundertereignis" gepriesen. Damals hausten die Kupfer-Figuren in Betonbunkern, abgewrackten Kläranlagen und zertrümmerten Glaspalästen. "Menschen mit ihren Konflikten, Problemen und Widersprüchen gehören auf die Opernbühne", hatte er sein Regie-Credo beschrieben - ein Stoff, den er außer bei den Meistern Wagner und Mozart vor allem bei den zeitgenössischen Komponisten fand. So brachte Kupfer 1994 an der Komischen Oper Berthold Goldschmidts musikalische Tragikomödie "Der gewaltige Hahnrei" auf die Bühne. Sternstunden Zu Kupfers Sternstunden gehörten auch fesselnde Deutungen von Aribert Reimanns "Lear" oder Bernd Alois Zimmermanns "Soldaten" ebenso wie Uraufführungen von DDR-Komponisten - von Siegfried Matthus bis Udo Zimmermann. Neben dem ernsten Fach zog es Kupfer immer wieder bei seinen mehr als 170 Inszenierungen in die Unterhaltung. So warb er die Schauspieler Otto Sander und Harald Juhnke in wechselnder Besetzung für die Rolle des Gefängnisdieners Frosch in der Johann- Strauß-Operette "Die Fledermaus". Der gebürtige Berliner verdankt seinen Opern-Beruf eigentlich einer großen Musikalität - und einer eher schwachen Stimme. Weil er nicht singen konnte, sei ihm nur das Regiefach geblieben, um seine Leidenschaft für die Oper zu stillen, erzählt Kupfer. Nach dem Studium der Theater- und Musikwissenschaft feierte er mit 23 Jahren sein Regiedebüt mit Antonin Dvoraks "Rusalka" in Halle. Nach Stationen in Stralsund, Chemnitz, Weimar und zuletzt als Staatsoperndirektor in Dresden zog Kupfer 1981 als Chefregisseur an die Komische Oper nach Berlin. (APA/dpa)