Wien - Am Anfang war die "Freiheit". Die, die die erste Frau Klestil in einem Werbespot zu goutieren wusste. Dann die "Rückkehr". Die, die die verlassene Frau Klima mit den Worten "es muss am Klima liegen" erklärte.In beiden Fällen ging es um Kaffee. Großes Aroma rief nach großer Klasse. Und die Damen, die die Agentur des Mariusz Demner für die Kaffeegroßmacht Julius Meinl da geholt hatte, standen für ebendiese. Außerdem noch für die assoziierten Begriffe: Freiheit und Rückkehr - die Pointe zu erklären, war und wäre angesichts der Bekanntheit der beiden ehemaligen First Ladies müßig. Für die eine - Edith Klestil - war der Spot Abschluss. Für die andere - Sonja Klima - Anfang. Durchstarten auf dem Weg zur Eigenmarke: Sonja Klima mag Tiere, Sonja Klima mag Kaffee, Sonja Klima mag keine Abfangjäger - und wenn sie Volksbegehrensinitiator Rudolf Fußi herzt, schafft sie den Sprung - von der Klatsch-zur Politikspalte. Dass die einst gar nicht selbstsichere Volksschullehrin aus Schwechat zur Eigenmarke werden würde, hätte ihr in der Zeit als Vorzeigefrau im Halbschatten niemand zugetraut. Am allerwenigsten wohl Viktor Klima selbst. Interessiert der eigentlich noch? Ach ja, er hat eine Neue. Aber was ist das gegen Sonja. Mit oder ohne Abfangjägern Der Boulevard jubelt. Die anderen stecken die Köpfe zusammen. Ergo: Es funktioniert. Sie ist da. Flächendeckend. Eine schöne, starke, selbstbewusste Frau. Ohne Soubretten-Klebrigkeit. Ohne peinliche Begleiter. Ohne die Gefahr, dass Peter Westenthaler anruft. Plus: Sonja Klima singt nicht, strippt nicht vor der Kamera und plaudert nicht über Brustimplantate. Denn die im Mai 1963 in Baden als Sonja Holzinger geborene Sonja Klima hat in ihrer Zeit als Begleiterscheinung ihre Hausaufgaben gut gemacht - und ist jetzt nicht nur Event, sondern auch Eventmarketingfirma: Sonja Klima kann man einladen. Buchen. Das garantiert Medienpräsenz. Also rentiert es sich. Fußi-Bussi mit Kalkül Wie man die "Marke Ich" aufbaut, exerziert Sonja K. seit dem Fußi-Bussi mustergültig vor: Das Produkt heißt Sonja K. Derzeit. Weitere (Modelinie? Autobiografie? Talkshow?) könnten kommen - und die Marke ist bestens eingeführt. Das machen Schauspieler, Politiker und Unternehmer genauso. Sonja Klima wäre blöd, es nicht zu tun. Dass das funktioniert, ist nicht überraschend. Weil Österreichs echte Promi-Szene so klein wie das Land selbst ist: Herminator. Terminator. Lauda. Und dann? DJ Ötzi. Lugnerland. Planet Antel. PolitikerInnen. Gnade. Ein Blick ins Seitenblicke-Magazin dokumentiert besser als jedes Gesellschaftsredakteursbekenntnis, dass "die echte Gesellschaft uns nicht braucht - wir beschreiben PR-Events." Und weil "kennen" nicht von "können" kommt, wird präsentiert, wer oft präsent ist. Und dann steht da plötzlich Sonja Klima. Die Frau jenes Kanzlers, der Land und Frau verließ. Hübsch. Lehrerin. "Vera"-geeicht. News-kompatibel. (Was - so einfach geht das - zurück an den Anfang des Absatzes führt.) Das genügt - nicht zuletzt, weil Männer beim "Ich"-Brüllen keinen Genierer kennen. Herr Vorstand langweilt ungefragt mit Anekdoten. (Tags darauf schickt er Fotos nach. Auch ungefragt.) Die "charmante Begleitung" darf lächeln. Frauen, die etwas zu sagen hätten? Politikerinnen? ORF-Moderatorinnen? Verena Rotterdam? Eben. Auftritt Sonja K. Nachrede wirkt Freilich: Die Sensation ist endlich. Aber Frau Klima hat Zeit. Sie wird in Woman dreimal Mode für Erfolgsfrauen präsentiert haben, bevor jemand fragt, womit sie eigentlich Erfolg hat. Doch Erfolg nachgesagt zu bekommen ist in Österreich ohnehin ident mit Erfolg haben: Unbezahlte Charity-Auftritte sind die Camouflage für bezahlte Anwesenheiten. Das verlangt Planung: Irgendwann würde "Klima, Sonja" sonst in den Telefonlisten der Promi-Presse nur noch ein Eintrag sein. Zwischen Alfons Haider, Elke Winkens und Jeannine Schiller. Und das würde dann nicht nur am Klima liegen. (Thomas Rottenberg, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 19.8. 2002)