Wien - Als der Schriftsteller, Maler und Grafiker Anselm Glück noch weiße Lederstiefel mit Silbersternen trug und die Linzer 70er-Jahre-Luft sein langes Haar über den kaftanartigen Mantel streifen ließ, konnte er es nur mit Glück (nicht Anselm) und Mühe abwenden, länger als eine Stunde unter Mordverdacht zu stehen.

Selbstverständlich war alles noch viel schlimmer. Aber davon nahm man in der Reihe "Worttheater" in der Spielbar des Volkstheaters bloß eine Ahnung mit nach Hause, als der bald 53-Jährige am vergangenen Sonntag mit Fast wär ich's nicht eine seiner Sprachperformances bestritt. Jener Mord war ein Selbstmord, und zum Glück (das sollte man jetzt besser lassen) ein gescheiterter.

Nach Art der Flugbegleiter, die vor Abflug die Gebrauchsanweisung für die Schwimmweste hantierend kommentieren, stellt Glück seinen Texten Zeigeszenen bei. Beim Wort "Stäbchen" etwa streckt er schnell einen Finger in die Luft. Es soll beiläufig wirken.

Er macht uns glauben, er, der Literat, achtet das Literarische an der Literatur nicht, umso verwunderlicher ist es, dass die ihm beisitzende Schauspielerin Anna Franziska Srna die romantischen Textbausteine aus der Denkschrift ich kann mich nur an jetzt erinnern (Droschl) allzu literarisch liest. Als wollte sie das vor ihr am Lesepult liegende Schaumstoffherz zum Pulsieren bringen.

Das wiederum hätte nicht so schlecht gepasst, da es in der zweiten Homestory aus dem Hause Glück, mittlerweile eine in Wien angesiedelte (aber noch immer in schönster oberösterreichischer Umgangssprache vorgetragene), deftig zu spuken anfing. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2002)