Foto: Schauspielhaus/Manninger

Graz - "Je mehr ich liebe, je weniger hoff' ich: Ich seh' den Untergang", weiß der junge Giovanni aus Parma, der das Pech hat, sich unsterblich und leidenschaftlich verliebt zu haben - in seine Schwester. Was die Sache nicht leichter macht: Annabella ist ebenfalls in ihren Bruder verliebt und bekommt ein Kind von ihm. Als geblendeter Ehrenretter springt der eiskalte Edelmann Soranzo (Daniel Doujenis) ins Ehebett. Er entdeckt die Umstände seiner Braut jedoch bald.

Der Plott von "Schade, dass sie eine Hure war" vom Shakespeare-Zeitgenossen John Ford ist auch 370 Jahre nach der Uraufführung starker Tobak. Die inzestuöse Liebesgeschichte der Kaufmannskinder ist dabei der größte Tabubruch, aber geradezu harm- los gegen das, was ihre Mitbürger an Morden, Betrügereien und gierigen Machtspielen so treiben.

Klamauk und Tragik

Regisseur Robert Schmidt, einst Assistent von Leander Haußmann, zeigt auf der Probebühne des Grazer Schauspielhauses genau diese Widersprüche einer Welt von Schein- moral mit schnellen, intensiven Bildern auf einer einfach funktionierenden Bühne: Jens Fiedler schob verschiedene Bier-, Küchen oder Beistelltische zu einem Plateau zusammen, auf dem das Schicksal Tabula rasa spielen darf. Szenen größter Leidenschaft und Tragik zwischen den unglücklich Liebenden - Martin Horn und Andrea Wenzl - wechseln sich mit eloquenter, an Klamauk grenzender Komik elegant ab und führen zwingend zu einem blutrünstigen Ende, an dem der Bruder das Herz der Schwester hochhält.

Die Regie vergibt keinen Augenblick in der Chronik einer angekündigten Katastrophe. Aber auch die Leistungen der jungen Andrea Wenzl, die ungekünstelt und kraftvoll zeigt, wie das Feuer in der so genannten Hure ausgedrückt wird wie eine Zigarette, sowie die unheimliche Brutalität, mit der Doujenis als Soranzo präsent ist, oder Alexander Weise als sympathischer Tölpel machen den Abend zu einem seltenen Vergnügen. Eine zeitgemäße Hommage ans elisabethanische Theater. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2003)