Helmut Gragger ist Holzofenbäcker in Ansfelden und verkauft auf mehreren Wiener Märkten.

Foto: Hersteller

Kommendes Jahr wird er eine eigene Bäckerei samt Holzofen in Wien eröffnen.

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In der ehemaligen Ansfeldener Mühle stehen sie Schulter an Schulter, jeder wiegt zwölf Tonnen. In ihren Bäuchen wird es jede Nacht 300 Grad heiß - die beiden Holzöfen kühlen auch nie ganz ab. 15 Meter Mühlviertler Fichtenholz fressen sie im Monat. Helmut Gragger, der Bäcker, macht eine der Klappen des rechten Ofens auf und streckt den Arm dort hinein, wo bei 270 Grad gleich die ersten Laibe "P"-Brot, Florianer Chorherrenbrot und später Handsemmerln gebacken werden: eine Sekunde, zwei, noch eine dritte. "Es liegt sich einfach angenehmer in einem Holzofen." Gragger macht nicht nur Brot, er denkt auch Brot. Nach der Meisterprüfung arbeitet er kurz für eine Backmittelfirma von Nestlé. Als er im Hamburger Hafen die ersten Schiffe mit Gentechnik-Soja sieht, kündigt er: "Mir ist die Masse, der Einheitsbrei, die Zwangsernährung so auf den Wecker gegangen!"

Unten die "Hoaz"

Gragger, damals Mitte zwanzig, will echtes Brot ohne Backmischungen, dafür aus besten Zutaten und in Handarbeit machen. Mit der alten Mühle findet er den richtigen Platz für seinen Holzofen. Er hat ihn sich selbst ausgedacht: unten die "Hoaz", deren Hitze durch große Öffnungen in den oberen Backraum dringt, für die nötige "Schwül" sorgt Wasser aus einem Gartenschlauch. Heute ist Gragger 37 und der Ofen (für dessen Funktion der Ofensetzer keine Garantie übernehmen wollte) das elfte Jahr durchgängig in Betrieb. Der zweite kam später dazu. Bio wurde die Bäckerei Gragger 1998 eher zufällig: "Es war naheliegend, aber nicht geplant."

Vor vier Jahren schreibt ein Liebhaber guten Brotes namens Christian Palmers (es ist der Inhaber der Palmers AG) ein Mail an Gragger, das der Bäcker ein halbes Jahr zu beantworten vergisst. Als sie sich endlich treffen, beginnen Gespräche über gutes Brot, Handarbeit und Holzöfen, die der Frankreich-Kenner Palmers bald auf Poilâne, die berühmte Pariser Bäckerei, lenkt. Er lässt Gragger einen Laib des legendären Poilâne-Brotes schicken und bittet ihn um ein ähnliches Brot.

Das "P"-Brot

Gragger experimentiert vier Monate lang, jeden Tag. Seit Sommer 2007 ist das "P"-Brot (nach Palmers und Poilâne) im Sortiment - und zum Lieblingsbrot vieler Kundinnen und Kunden geworden: ein Weizenbrot, aber mit einem Roggensauerteiganteil von 15 (!) Prozent. Der Sauerteig wird mit Demeter-Roggen vom Stift Sankt Florian gefüttert. Das "P"-Brot reift einen Tag lang, bevor es von einer dicken Mehlschicht geschützt im Holzofen bäckt. Beim Anschneiden springen Teile der Kruste weit weg, so knusprig ist sie. Der kräftige Duft nach Röstaromen vom Getreide, die satten Gerüche von der langen Gärung wie nach Heu und Nuss und der selbst nach einer Woche noch gute Geschmack des "P"-Brotes freut nicht nur Christian Palmers: "Ich habe mich gewundert, dass es diese Art von Brot in Österreich nicht gibt. Die Leute geben viel Geld für Wein aus, und beim Brot nehmen sie den größten Schmarrn in Kauf." Palmers und Gragger verstehen sich gut. Ein gemeinsames Projekt in der Wiener Innenstadt ist in Arbeit. Ja, es wird eine Holzofenbäckerei sein. Geplante Eröffnung: Frühjahr 2009. (Katharina Seiser/Der Standard/rondo/18/07/2008)