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"Was sich in der letzten Zeit aber geändert hat, ist, dass manche Eltern relativ aggressiv auftreten," sagt Schulrechtler Thomas Böhm.

Foto: ap/ROTHERMEL

Frankfurt/Main  - Anlässe für Streit zwischen Elternhaus und Schule gibt es jede Menge. Seien es Noten, Strafen von Lehrern oder unliebsame Gutachten. Oft aber reicht ein klärendes Gespräch nicht aus. Eltern setzen sich mit aller Kraft zur Wehr und schalten die
Schulaufsicht ein, mitunter endet der Zwist sogar vor Gericht.

"Die Zahl der Verfahren verharrt auf hohem Niveau", sagt der Schulrechtler Thomas Böhm vom Institut für Lehrerfortbildung in Mülheim an der Ruhr. "Was sich in der letzten Zeit aber geändert hat, ist, dass manche Eltern relativ aggressiv auftreten", betont er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Das hat nach seiner Einschätzung mit einer veränderten Anspruchshaltung zu tun. So gelte das Motto "der Kunde ist König" mittlerweile auch im Klassenzimmer. "Eltern erwarten mehr als ein rechtmäßiges Verhalten. Die Schule wird wie ein Dienstleistungsunternehmen gesehen", sagt Böhm.

"Viele Eltern sehen ihre Rechte, aber nicht immer auch die Pflichten", hat der Vorsitzende der Landeselterkonferenz, Eberhard Kwiatkowski, festgestellt.

Vater wollte über Hausaufgaben informiert werden

In diesem Zusammenhang fällt Schulrechtler Böhm der Fall eines Vaters aus dem Münsterland ein. Der Mann hatte von der Schule verlangt, ihn für Wochen im Voraus über die geplanten Hausaufgaben zu informieren. Hintergrund war, dass die Schule den Vater mehrfach darüber informiert hatte, dass es mit den Hausaufgaben der Tochter nicht so richtig funktioniere. Auf seine Bitte hin, im Sinne einer effektiven Kontrolle über die Aufgaben zeitnah informiert zu werden, verwies die Schule auf die Pflicht der Tochter, ein Hausaufgabenheft zu führen. Zur Not müsse sie die darin festgehaltenen Eintragungen eben gegenzeichnen lassen.

Dies wollte der Vater aber nicht einsehen und forderte die Schule auf, ihn mit entsprechendem Vorlauf zu informieren. Schließlich zog er vor Gericht - und verlor.

Grundschulgutachten

Ein beliebtes Streithema  sind die seit einiger Zeit geltenden Grundschulgutachten, in denen Lehrer die Entscheidung über die weiterführende Schule treffen. "Zuvor gab es eine Empfehlung, aber die Eltern haben über die Schulform entschieden", erläutert Eberhard Kwiatkowski von der Landeselternkonferenz. An der neuen Praxis sei nicht zu rütteln,
dies sei erst kürzlich gerichtlich bestätigt worden. Aber Kwiatkowski weiß aus seiner Praxis auch, welcher Ärger bei einer für die weitere Schullaufbahn so wichtigen Beurteilung programmiert ist.

Warnung vor pauschaler Lehrerschelte

Schulrechtler Böhm will keine Zweifel aufkommen lassen: Wo es zu ernsten Verfehlungen komme, müsse auch konsequent vorgegangen werden. Er sagt aber auch: "Häufig befinden sich die Lehrer in einem Dilemma." Persönlich könnten sich die Pädagogen in aller Regel
nämlich nicht zur Wehr setzen.

Dies sieht auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marianne Demmer, so: "Ein großes Problem ist, dass Eltern in den Lehrern häufig die Verursacher und letzte Instanz für alle Schwierigkeiten sehen, womit
den Pädagogen in vielen Fällen jedoch unrecht getan wird." Bei der schulischen Bildung seien immer beide Seiten in der Pflicht. "Dabei ist wichtig, dass die Lehrer freundlich auf die Eltern zugehen und dass Eltern bereit sind, einen distanzierten Blick auf ihre Kinder
zu werfen", betont sie. (AP/APA)