Am Donnerstag setzte der Uni-Rat in Innsbruck Med-Uni-Rektor Clemens Sorg ab. Doch Sorg ist nicht das einzige Problem der Tiroler: Wegen einer umstrittenen Studie gerät die Uni international stark in die Kritik.

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Innsbruck - Das Büro im ersten Stock der Hauptuni in Innsbruck hat Clemens Sorg noch als Innsbrucker Med-Uni-Rektor geräumt. Bereits Donnerstagvormittag meldete er sich krank und fuhr ab in Richtung Heimat nach Deutschland. "Es gibt keine gegenteiligen Anzeichen, ich werde wohl vom Uni-Rat abgesetzt" , meinte er resignierend. Seit Monaten schwelte der Konflikt zwischen ihm und dem Uni-Rat. Sorg wird "grobes Fehlverhalten" , drohender "wirtschaftlicher Schaden" und "autoritäres Verhalten" vorgeworfen. Am späten Nachmittag stimmte der Uni-Rat laut Vorsitzender Gabriele Fischer "einhellig" für Sorgs Absetzung.

Die geplante Absetzung des Rektors fand auch Eingang in die renommierte Fachzeitschrift Nature. In einem Artikel ist von "faulen Verhältnissen" in Österreich die Rede. Auslöser für den kritischen Bericht ist eine Studie des Innsbrucker Urologen, Hannes Strasser, der im Vorjahr erstmalige Erfolge mit einer Stammzellentherapie gegen Harninkontinenz vermeldete. An der Arbeit wurden inzwischen zahlreiche Mängel festgestellt. Ein deutscher Patient klagte die Tiroler Landeskrankenanstalt (Tilak) auf Schadenersatz, weil er ohne ausreichende Aufklärung mit der "nicht wissenschaftlich anerkannten Stammzellentherapie" behandelt worden sei. Die Tilak wurde nicht rechtskräftig verurteilt.

Auch einem Prüfbericht der Gesundheitsagentur AGES hielt die Studie nicht stand: Sie sei nicht gemäß Arzneimittelgesetz durchgeführt worden, der Verdacht der Dokumentenfälschung stehe im Raum. Studienautor Strasser wurde am Montag suspendiert. Der als Co-Autor angeführte Leiter der Urologie, Georg Bartsch, wurde entlastet. Sorg hat den Fall öffentlich gemacht und die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eingeschaltet. Die ÖAW hat wegen des laufenden Verfahrens gegen den Rektor die Prüfung von Strassers Studie aber vorerst auf Eis gelegt.

Wissenschaftsminister Johannes Hahn ließ am Donnerstag über seine Pressesprecherin ausrichten, dass er erst, wenn der Rektor rechtliche Schritte gegen seine Abberufung einlegen würde, reagieren könne und würde.Zum Nature-Artikel meinte Hahn: "Ich lasse mir den Forschungsstandort nicht kaputtreden, wegen eines schwarzen Schafes." Trotzdem solle die vom Wissenschaftsfonds geplante Prüfstelle, die über wissenschaftlich korrektes Verhalten wachen soll, schneller als geplant eingerichtet werden. Hahn forderte, dass es der Stelle auch möglich gemacht werden soll, "aktiv Dingen nachzugehen oder auch unaufgefordert Datenmaterial anzuschauen" . Erste Vorarbeiten für die Agentur waren für Herbst 2008 angesetzt.

Rund um die Diskussionen wegen Sorgs Abberufung wurde ein neues Vorhaben bekannt: Namhafte Mediziner, darunter auch der Urologe Georg Bartsch, sollen in Lans die Errichtung einer Privatklinik für betuchte Patienten planen. Gerüchteweise soll der russische Oligarch Roman Abramowitch den Medizin-Tempel sponsern.

Im Umfeld der Klinik könnten neben Sorgs noch weitere Köpfe rollen, etwa jener von Tilak-Vorstand Andreas Steiner. Er hatte sich in einem offenen Brief für den Verbleib von Sorg ausgesprochen. (Verena Langegger, Gudrun Springer/DER STANDARD Printausgabe, 22. August 2008)