Foto: Frank Mächtler/dpa, Christian Fischer

Alles, was ins Bier gehört, wächst im Waldviertel von Haus aus. Kleinstbrauereien und Vorzeigebetriebe machen das Beste draus.

Foto: Frank Mächtler/dpa, Christian Fischer

Wiener Lagerbier ist weltberühmt - nur bei uns in Österreich kennt man es nicht, genauer: Nicht mehr. Jener Biertypus, der von hier (oder genauer: von Schwechat aus) die Welt erobert hat, ist im frühen 20. Jahrhundert aus der Mode gekommen. Und dann ausgerechnet in seinem Ursprungsland Österreich ausgestorben.

So kann man beispielsweise in Cleveland, Ohio, ein wunderbares Vienna Lager ("Eliot Ness" der Great Lakes Brewing Company) kaufen. Aber hierzulande wusste man mit dem Stil nichts anzufangen, bis der junge Waldviertler Braumeister Christian Pöpperl, der eben sein Studium in Weihenstephan abgeschlossen hatte, in seine Heimatstadt Weitra zurückkehrte. Dort kreierte er ein eigenes Bier für die Landesausstellung des Jahres 1994. Das Bier wurde nach dem Stadtgründer Hadmar von Kuenring "Hadmar Bräu" benannt - und mit seiner außergewöhnlichen Mischung von Malzen und seiner balancierten Hopfung entsprach es von Anfang an jenem Biertypus, den andere aufgegeben hatten.

Weitra, die älteste Braustadt Österreichs

Und es passte perfekt zur Waldviertler Bierkultur: Weitra ist verbriefterweise die älteste Braustadt Österreichs - das Braurecht wurde ihr 1321 verliehen. Das war im Mittelalter von entscheidender Bedeutung für den Wohlstand einer Stadt. Bürger mit Braurecht konnten auf ein ziemlich sicheres Geschäft bauen - und sie genossen den Schutz des so genannten Meilenrechts: Im Umkreis von mehr als sieben Kilometer durfte nur von den Weitraer Bürgern gebrautes Bier ausgeschenkt werden. Wer das nicht zahlen konnte oder wollte, musste einen ziemlich weiten Weg in Kauf nehmen.

Weitras Braubürger hatten bald die bedeutendste Brauerzunft der Umgebung - hier stand die Zunftlade aller Brauer im Viertel ob dem Mannhardsberge, zeitweise waren auch die Wiener Braumeister dieser Zunft angeschlossen. Und noch heute kann man an vielen Häusern Hinweise auf die ehemals hier ausgeübte Braugerechtigkeit entdecken.

Zwei Braustätten werden heute noch betrieben: Die Bierwerkstatt vor dem Stadttor ist die ehemalige Bauerei der Familie Pöpperl; sie wurde an die größere Brauerei in der Nachbarstadt Zwettl verkauft, die nunmehr in Weitra ihr Bio-Bier braut. In Zwettl ist alles viel größer aber nicht weniger traditionell: Anfang Oktober feiert die Familie Schwarz das dreihundertjährige Bestehen ihres Familienbetriebs, der sich vor allem mit unfiltriertem Zwicklbier einen Namen gemacht hat. Seniorchef Karl Schwarz hat die Brauerei von einem kleinen Handwerksbetrieb zu einem Vorzeigemodell der mittelständischen Brauindustrie ausgebaut - hinter der schmucken Fassade verbirgt sich moderne Brautechnik - und die Rohstoffe kommen aus eigenem Vertragsanbau. So wird die Sorte "Zwettler Original" praktisch ausschließlich aus im Waldviertel gezüchteter und angebauter Gerste und aus dem von Bauern der Umgebung angebauten Hopfen gebraut.

Die zweite Braustätte in Weitra befindet sich im Keller des Brauhotels, das seinerseits früher ein zum Schloss gehörendes Hofbräuhaus war. Heute wird die kleine Brauanlage von der Schremser Brauerei mit betreut. In der Granitstadt Schrems hat sich die Familie Trojan eine außerordentliche Kompetenz für Bierspezialitäten aufgebaut. So wird mit dem "Schremser Roggenbier" ein außergewöhnliches halbdunkles Ale gebraut, das im Frühjahr beim World Beer Cup die Silbermedaille errang.

Karl Trojan hat auch entdeckt, wie gut die Waldviertler Biertradition mit dem Wiener Biergenuss zusammenspielt: Im malzaromatischen "Schremser Naturparkbier" steht dem weichen Eindruck auf der Zunge der herbe, lange anhaltende trockene Hopfengeschmack am Obergaumen gegenüber. (Conrad Seidl/Der Standard/rondo/04/09/2008)