Wien - BZÖ-Spitzenkandidat Jörg Haider will eine "große Justizreform". Im Interview mit der APA sprach er sich dafür aus, 100 bis 150 zusätzliche Richter anzustellen. Deren Aufgabe solle es sein, in Schiedsverfahren für kürzere Prozesse zu sorgen. "Das Justizministerium wäre interessant", meinte Haider zu allfälligen Ressortwünschen im Falle einer orangen Regierungsbeteiligung. Dessen Leiter müsse allerdings auch "oberster Konsumentenschutzminister" sein.

Rechtssystem effizienter machen

"Was ich verlange ist, dass wir unser Rechtssystem effizienter machen. Alle Institutionen in einem Staat und in der Wirtschaft müssen heute effizienter sein, die Gerichtsbarkeit ist es vielfach nicht", so Haider. Durch ein obligatorisches Schiedsverfahren könne man etwa zivilrechtliche Verfahren schneller erledigen. Der Republik, der Wirtschaft und den Menschen würde das "sicher eine Milliarde Euro" ersparen, schätzt der BZÖ-Chef. "In Wirklichkeit muss Österreich den Mut haben, eine große Justizreform rasch anzugehen."

Auch der Verfassungsgerichtshof, den Haider bereits mehrmals scharf kritisiert hat, müsse sich verändern: "Ein reformierter VfGH würde nicht nur zweimal im Jahr zu Sessionen zusammentreten, sondern er würde laufend Entscheidungen fällen können." Derzeit sei dieser lediglich von "Nebenerwerbsrichtern" besetzt, "man muss sich Fragen, ob das auf Dauer der richtige Weg ist".

Kritik am Konsumentenschutz

Ein Justiz- und Konsumentenschutzminister würde für Haider Einiges bringen. "Der Konsumentenschutz ist heute ausgelagert in einen Verein, ist ausgelagert in die Arbeiterkammer, und funktioniert überhaupt nicht, wie man etwa bei den hohen Benzinpreisen sieht. Und daher ist es wichtig, dass der Justizminister in Österreich der oberste Konsumentenschützer ist, der auch die Möglichkeit hat, wirklich persönlich zu handeln." Etwa durch Verordnungen, Kontrollen, und die Festsetzung von Höchstpreisen.

Was die Parteien der Großen Koalition, der das BZÖ ja bekanntlich den Kampf angesagt hat, betrifft, zeigt sich Haider nicht grundsätzlich einer Zusammenarbeit abgeneigt. So gebe es bei der SPÖ Schnittmengen im sozialen Bereich, mit der ÖVP in der Ausländerpolitik. Letztere Partei habe erkannt, "dass sie mit ihrem Softie-Kurs nicht weit kommt und dass sie vor allem in den Städten massiv verliert". Aus diesem Grund habe man auch auf Linie von FPÖ und BZÖ eingeschlagen.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) wird dem neuen BZÖ-Chef offensichtlich nicht so sehr abgehen: "Der Gusi war irgendwie schrullig, auch in der Frage der Ortstafeln." Bei diesem Thema sieht sich Haider in einer "komfortablen Position" als Kärntner Landeshauptmann. Die Zuständigkeit liege bei der Bundesregierung im Einvernehmen mit Hauptausschuss des Nationalrates, derzeit gebe es kein aktuelles Erkenntnis, das nicht umgesetzt ist. "In Wirklichkeit will in Kärnten keiner mehr über das Thema reden. Das ist erledigt."

"Schauen aus welcher Richtung er kriecht"

Beim neuen SPÖ-Chef sieht Haider erhebliche Unterschiede zu dessen Vorgänger. "Der Werner Faymann ist wieder ein ganz anderer Typ. Der ist eher introvertiert. Jemand, der auf Samtpfoten daherkommt. Da muss man immer schauen, aus welcher Richtung er her kriecht und in welche Richtung er wieder wegschleichen will. Ich glaube, jemand, der ein Dauerlächler ist, ist mitunter auch mit Vorsicht zu genießen."

Mit der FPÖ will Haider nach der Wahl zumindest abgestimmter im Parlament vorgehen. Im Liberalen Forum sieht er keine Konkurrenz. Dessen Spitzenkandidatin Heide Schmidt, die einst die FPÖ verlassen hatte, hat der nunmehrige BZÖ-Chef übrigens im Jahr 2000 das letzte Mal getroffen - "zufällig in einem Restaurant". Alte Zeiten sieht der derzeit in der Wortwahl gezähmt wirkende Haider endgültig passe. "Jede Zeit erfordert auch ihre Aussagen, ihren Stil der Präsentation." (APA)