Erste Irritation zwischen den Eheleuten: Ingrid Lang (Alkmene) und Martin Rother (Amphitryon).

Foto: Theater

Nicht erst im französischen Existenzialismus taucht die Idee des Fremdelns gegenüber den eigenen Gliedmaßen auf: "Ist diese Hand hier mein?" fragt Alkmene, als ihre Wirklichkeit zum ersten Mal infrage gestellt wird. Taucht doch der Gatte auf und weiß nicht mehr von der eben erlebten tollen Nacht.

Heinrich von Kleists Amphitryon besagt, dass es Jupiter war, mit dem sich die treue Frau vereinigte. Von da an zerrieseln die Identitäten des Feldherrn und seines Dieners immer mehr, "Gehirnverrückung" greift um sich. Die Player der olympischen Inszenierung, der Übergott und sein Begleiter, genießen ihre Macht. Allein Jupiter hat dran zu knabbern, ob Alkmene denn nun eher ihn oder doch die Gestalt des Gemahls liebte und in Zukunft lieben wird. Zum Schluss ist viel kaputt, doch immerhin ein Halbgott gezeugt.

Das sprachkomische Potenzial seiner Rolle nutzt Burghard "Die ganze Nacht war mir ein Dudelsack" Braun als geplagter Knecht. Lothar Maninger inszeniert konventionell. Das Bühnenbild in seiner Betonoptik und die Farben der Kostüme (beides Ursula N. Müller) spielen ausgezeichnet zusammen mit der Lichtregie (Arndt Rössler) und ihren doppelten Schatten.

Ausrutscher: Als Jupiter sich gegen Ende offenbart und die Folge seiner Nacht mit Alkmene verkündet, zeigt sich groß die Projektion eines Vogels mit schwingenden Flügeln. Kitsch und Kleist, daraus machten nicht einmal die Götter ein Gespann! (pen, DER STANDARD/Printausgabe, 23.09.2008)