Wien - Die schrittweise Aufstockung der Anfängerstudienplätze für Human- und Zahnmedizin, wie sie SPÖ, FPÖ und Grüne planen, könnte gleichzeitig das Aus für die Quotenregelung bei der Platzvergabe bedeuten. Diese Ansicht vertrat der Innsbrucker Europarechtsexperte Walter Obwexer gegenüber der APA. Wenn die Zahl der Studienanfängerplätze auf 2.400 angehoben werde, "fällt der Hauptrechtfertigungsgrund für die geltende Quotenregelung weg" und eine Reservierung von 75 Prozent der Studienplätze für österreichische Bewerber sei EU-rechtlich nicht mehr haltbar, meinte Obwexer.

Begründung: Ärztemangel

Österreich hatte die Quote bisher immer mit einem drohenden Ärztemangel argumentiert. Bei einer völligen Freigabe könne - vor allem wegen des Ansturms deutscher Numerus-Clausus-Flüchtlinge - die Gesundheitsversorgung nicht mehr gesichert werden, so die Begründung. Daher wurden bisher drei Viertel der 1.500 Anfängerplätze, also 1.100 Plätze, an Österreicher vergeben, 20 Prozent für EU-Bürger und fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger.

Laut Obwexer stünden österreichischen Studenten auch nach einer Anhebung nur 1.100 Plätze - das entspricht 46 Prozent - zu. Zu den übrigen Studienplätzen müssten alle EU-Bürger gleichen Zugang haben - trotz des von Österreich gebrachten Arguments vom Recht auf Hochschulbildung im eigenen Land.

"Ungleichbehandlung verboten"

Bei Vollausbau der geplanten Ausweitung der Studienplätze auf 2.400 stünden nach der aktuellen 75-Prozent-Quote Österreichern theoretisch künftig 1.800 Plätze zu. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings schon 2005 festgehalten, dass Österreichs Gesundheitssystem dank Quotenregelung auch mit weniger als den derzeit 1.500 Studienanfängern gesichert wäre. Und: Bei dem Aufnahme-Tests an den Medizinischen Unis Wien und Innsbruck hätten sich österreichische Bewerber für etwa 50 Prozent der Plätze qualifiziert, so Obwexer. Das Ziel des Schutzes der Gesundheit sei somit bei künftig 2.400 Plätzen auch ohne Quote gesichert. "Dem folgend ist jede weitere Ungleichbehandlung von EU-Bürgern gegenüber Inländern als unverhältnismäßig EU-rechtlich verboten", argumentiert Oberwexer, der bereits früher das Wissenschaftsministerium in der Auseinandersetzung mit der EU-Kommission über den Uni-Zugang beraten hat.

"Verdrängung östereichischer Studierender"

Ähnliche Befürchtungen hat die designierte ÖVP-Wissenschaftssprecherin Beatrix Karl. Österreich habe den Bedarf an Ärzten für die nächsten zehn bis 15 Jahre mit jährlich 1.000 bis 1.500 Anfängerstudienplätzen festgemacht, durch die Anhebung der Studienplätze fehle vor der EU-Kommission die Argumentation für die Quotenregelung. Die Folge laut Karl: Künftig würden "auf Kosten des Steuerzahlers vor allem deutsche und europäische Mediziner ausgebildet und österreichische Studierende von den Universitäten verdrängt." (APA)