Brachten Leben in die Bude: Seit Juli 2007 leiten Haiko Pfost und Thomas Frank (rechts) das Koproduktionshaus brut.

Foto: STANDARD / Heribert Corn

Am Themenschwerpunkt "Kingdom of Darkness" lässt sich ein neues Bedürfnis nach Metaphysik ablesen, wie Frank und Pfost im Gespräch mit Margarete Affenzeller mutmaßen.

Standard: Die Themenschwerpunkte sind eine Spezialität von brut. Was leisten sie?

Frank: Beim Ansatz, interdisziplinär zu arbeiten, läuft man immer Gefahr, zwischen alle Stühle zu fallen. Und eine thematische Bündelung wie beispielsweise jetzt mit "Kingdom of Darkness" schafft auf jeden Fall eine inhaltliche Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit.

Pfost: Und es kommen - wie generell in unserer Programmierung - neue Liaisons zustande von Sparten, die vorher nicht so sehr in Beziehung zueinander standen. Die Performance kollaboriert mit elektronischer Musik: Gustav tritt im Konzert auf und als Performerin (in "Orlanding the Dominant" , Anm.), ebenso Anja Plaschg alias Soap & Skin, mit der wir die Produktion Nico - Sphinx aus Eis von Oliver Sturm machen werden.

Standard: Auch das Publikum hat sich dadurch aufgemischt. Man sieht hier Menschen, die man im Theater vorher nie gesehen hat.

Frank: Ja, wir konnten mit dem interdisziplinären Ansatz Publikum erobern. Und schließlich: brut hat die Erotik von etwas Neuem.

Standard: Wie kristallisieren sich die jeweiligen Themen heraus?

Pfost: Die kommen von den Künstlerinnen und Künstlern selbst. Es sind Impulse, Setzungen, die wir aufnehmen, um sie dann dramaturgisch zu fassen.

Frank: Wir haben eine Szene entdeckt im letzten Jahr, die besonders in den Randgebieten der darstellenden Kunst sehr produktiv ist. Und die eigentlich nicht erschlossen war oder zumindest nicht an Institutionen angedockt hat. Da ist Wien sehr spannend, gerade weil es so viele frei flottierende Ansätze gibt.

Pfost: Thomas Desi arbeitet jetzt etwa bei seiner Stummfilmrekonstruktion Operation Orlac mit Angela Wiedermann vom Modelabel modernmartyr zusammen. Diese Austauschprozesse möchten wir unterstützen. Wir sind ja gewissermaßen ein Zehnspartenhaus! Wobei unser Blick klar aus Theater und Performance kommt.

Standard: "Geister, Tote, Wiedergänger" - ist das Thema auch symptomatisch für die Befindlichkeit der darstellenden Kunst?

Frank: Warum dieses Thema gerade jetzt aktuell ist, können wir auch nicht beantworten. Wir vermuten, dass es zu tun hat mit einem Bedürfnis nach Metaphysik. Aber vielleicht wird es klarer, nachdem man die Arbeiten gesehen hat.
Wir sind vorsichtig bei hypothetischen Behauptungen. Aber wir beobachten auch, dass es eine Orientierungssuche gibt, ein großes Bedürfnis, sein eigenes künstlerisches Tun zu verankern in einem größeren Kontext, einem historischen oder metaphysischen. Und es steht dem Theater gut an nach einer Phase der Selbstbespiegelung und Nabelschau, in der wir uns zehn Jahre lang oder länger unsere eigenen Möglichkeiten vorgeführt haben, jetzt zu gucken, wie wir die Inhalte über uns hinausweisend anwenden können. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.9.2008)