Wien - Eine "Paarung der Fantasielosen" fürchten die Grünen angesichts einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition. Mit diesen Worten warnte am Donnerstag Budgetsprecher Werner Kogler in einer öffentlichen Klubsitzung vor alten Konzepten von SPÖ und ÖVP zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Grünen-Chefin Eva Glawischnig forderte ihrerseits "ganzhafte Lösungen" ein. Zur Erläuterung, wie diese aussehen könnten, hatte die Partei WIFO-Chef Karl Aiginger eingeladen. Dieser hob die Wichtigkeit der Steuerreform hervor.

Eine große Steuerreform mit einem Volumen von drei Milliarden Euro sei absolut notwendig, da die derzeit starke Belastung des Faktors Arbeit beschäftigungsschädigend sei, meinte der Experte in seinem Gastvortrag. Teile der Reform, wie etwa eine Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen, könne man auch vorziehen, so Aiginger. Grundsätzlich gelte es aber zuerst das Gesamtkonzept zu erstellen und dann zu beschließen, welche Komponenten davon früher umzusetzen seien. Zur Gegenfinanzierung nannte er die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer, Umweltsteuer oder Anhebung der Tabaksteuer.

Defizit von drei Prozent überschreiten

In Sachen Budget bekräftigte Aiginger seine Haltung, wonach man ein Defizit von drei Prozent überschreiten könne. Ein solches Vorgehen sei auch im Einklang mit dem Stabilitätspakt, der dies für "außergewöhnliche Situationen" vorsehe, erläuterte der Wirtschaftsexperte. Dass diese nun eingetreten sei, stehe außer Frage, so Aiginger sinngemäß, schließlich erlebe man derzeit die instabilste Situation seit den 70er Jahren.

Aiginger plädierte weiters dafür, staatliche Ausgaben "beschäftigungswirksam einzusetzen". Er sprach sich dafür aus, die "ökologische Vorreiterschaft" zu übernehmen. Außerdem gelte es, "Globalisierung als Chance" zu sehen und auf Integration von Zuwanderern zu setzen, statt Österreich zu einer Festung zu machen. Als weitere Maßnahme müsse die Staats- und Verwaltungsreform eingeleitet werden, erläuterte er. In der Frage "Staat oder privat" legte er einen "Mittelweg" nahe.

Finanztransaktionssteuer

Für Freude unter seiner Zuhörerschaft dürfte er zudem mit der Aussage gesorgt haben, dass nun der "optimale Zeitpunkt für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer" sei. Weniger Bestätigung gab es für Maßnahmen, die von den Grünen vor den Wahlen mitgetragen wurden, wie die Streichung der Studiengebühren, die er als "unsinnig" bezeichnete.

Glawischnig sah sich durch Aigingers Darstellung "gesamthafter Konzepte" bestätigt. Sie forderte einmal mehr "kluge Investitionen" in den Ökosektor, wie etwa in die Gebäudesanierung, ein. Als weiteren Punkt pochte sie auf eine Steuersenkung für geringe Einkommen in Form eines Freibetrages bei den Sozialversicherungsbeiträgen oder mittels Negativsteuer. Schließlich erneuerte sie ihren Wunsch nach Investitionen in den öffentlichen Sektor wie etwa den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. (APA)