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Neuerungen im Bereich der Verwaltung, Lehrerausbildung und Kindergarten sind im Bildungsprogramm der neuen Regierung festgeschrieben.

Foto: AP/Rietschel

Positiv reagiert Josef Lucyshyn, Direktor des BIFIE (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung) auf die Bildungsvorhaben im neuen Regierungsprogramm. Im Gespräch mit derStandard.at meint er: "Auf den ersten Blick ein realistisches, umsetzbares Programm. Auf den zweiten Blick muss ich sagen, dass einige schöne Akzente darin zu finden sind." Die Tatsache, dass bis 2018 im Rahmen des Schulinvestitionsprogramms über 1,6 Milliarden investiert werden sollen, freut Lucyshin: "Ich finde es sehr positiv, dass hier schon konkrete Zahlen angegeben sind. Das ist für ein Regierungsprogramm sonst unüblich."

Kostenfreies Kindergartenjahr: halbtags oder vormittags?

Festgeschrieben wurde im neuen Regierungsprogramm nun endgültig ein verpflichtendes und kostenfreies Kindergartenjahr für alle Fünfjährigen. "Ein Schritt in die richtige Richtung" sagt Heidemarie Lex-Nalis, Mitglied der Plattform "EduCare", im Gespräch mit derStandard.at. Dennoch sieht sie einige Kritikpunkte. "Im Programm steht einmal, dass das Kindergartenjahr halbtags kostenfrei ist. Ein anderes Mal steht hingegen vormittags. Für mich besteht da ein großer Unterschied"; sagt Lex-Nalis. Halbtags würde auch andere Betreuungszeiten inkludieren - "etwa von zehn bis vier Uhr". Eine Erleichterung für Erwerbstätige, da flexibler zu handhaben, glaubt Lex-Nalis.

Ressortverteilung ungeklärt

Ein weiterer Kritikpunkt: "Die Ressortverteilung ist im Bereich Kindergarten nicht geklärt. Wir würden gern wissen, wer unser Ansprechpartner ist. Das Bildungs- oder das Familienministerium?", so Lex-Nalis. Die Wortwahl im Programm würde auch zeigen, dass man sich noch immer nicht sicher sei, ob die Kindergärten nun Betreuungs- oder Bildungseinrichtungen seien. "Wir sagen ganz eindeutig: Bildungseinrichtungen." Lex-Nalis hofft auch, dass die KindergartenpädagogInnen bei der Verlinkung von Pädagogischen Hochschulen und Universitäten nicht übergangen werden. "Langfristig wollen wir ein Bachelor-Studium einführen." Das sei zwar auch im Programm erwähnt, was genau das nun für die bisherige Ausbildung bedeuten wird, ist der ehemaligen Direktorin einer BAKIP aber nicht klar. Das neue Regierungsprogramm sei allerdings um vieles konkreter als das letzte.

Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr

Künftig sollen an den Schulen für die Tagesbetreuung "Qualitätsgütesiegel" vergeben werden. Eine Idee, der Lucyshyn vieles abgewinnen kann: "Das scheint mir ein guter Weg zu sein, um gewisse Qualitätsstandards einzuführen." Finanziell als große Herausforderung sieht er die Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr: "Das ist ein mutiger Schritt." Die Berufsmatura reihe sich in die Maßnahmen des lebensbegleitenden Lernens ein.

Standardisierter Abschluss für alle Schularten

Eine Neuerung im Bildungsbereich sei die Tatsache, dass in Zukunft nicht nur für AHS, sondern für alle Schularten eine standardisierte Abschlussprüfung entwickelt werden soll. "Davon war bisher nicht die Rede", sagt der Bildungsforscher. Ebenso sei die Formulierung, dass die Modellversuche zur Neuen Mittelschule "in allen Bundesländern eingerichtet werden sollen", bisher nie aufgetaucht. Das Kapitel Berufsorientierung ist laut Lucyshyn eher schwach ausgefallen.

Qualitätsstandards für Schulleitung fehlen

Hingegen sei mit der Abschaffung der Bezirks- und Landesschulräte eine "längst fällige Maßnahme" festgeschrieben worden, die auch Geld bringen könnte. Dass die Schulleitung künftig auch bei der Personalauswahl mitwirken darf, sieht Lucyshyn positiv. Allerdings fehlt ihm im Regierungsprogramm die Festschreibung, welche Qualifikation eine Schulleitung überhaupt haben muss: "Es gibt kaum Länder, wo man von heute auf morgen vom Lehrer zum Direktor werden kann. Ich würde mir hier gewisse Qualitätsstandards wünschen."

Aufnahmeverfahren als Imageverbesserung

Die gemeinsame Studieneingangsphase für alle LehramtskandidatInnen und ein Aufnahmeverfahren könnten zu einer "Image-Verbesserung der LehrerInnen" führen, glaubt Lucyshyn.

Ganz anderer Meinung ist Bildungsforscher Schilcher. Er bemängelt im Gespräch mit der APA, dass Bildung als "zentrales Thema" bezeichnet werde, dem im Papier aber nur wenig Platz eingeräumt wurde. "Sind zehn Seiten Bildung im Verhältnis zu 267 Seiten insgesamt nicht schon ein quantitativer Widerspruch?" Inhaltlich kämen im Bildungskapitel zwar die meisten Themen vor, die in den letzten Jahren - vor allem auch von der Expertenkommission - vorgeschlagen wurden. Diese würden aber stets "nur angeschnitten". Die Ausführungen blieben extrem vage.

Lucyshyn kann dem Papier hingegen viel Positives abgewinnen: "Es sieht so aus, als sei alles bekannt. Aber in Wirklichkeit stecken in kleinen Sätzen und wenigen Worten sehr wichtige Weichenstellungen." (Teresa Eder/derStandard.at, 24.11.2008)